"Wir haben unser Gewissen verloren"

Kardinal Hollerich fordert humanitäre Korridore für Afghanen

Veröffentlicht am 24.08.2021 um 18:38 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan wollen viele Menschen dort nur noch weg. Für sie fordert der Vorsitzende der europäischen Bischöfe, Jean-Claude Hollerich, humanitäre Korridore. Dabei appelliert er auch an die europäischen Werte.

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Der Vorsitzende der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Jean-Claude Hollerich, sieht in humanitären Korridoren die einzige Lösung für eine sich abzeichnende Flüchtlingskrise in Afghanistan. Das sei die "einzige effektive Antwort", sagte er dem katholischen Pressedienst SIR (Dienstag).

Er sei "beschämt", dass es in der aktuellen Debatte vor allem darum gehe, wie man einen erneuten Zustrom von Migranten vermeiden könne. Es werde zwar immer über europäische Werte gesprochen, so Luxemburgs Erzbischof; "aber wir scheitern daran, sie in die Tat umzusetzen".

Politisches Versagen des Westens

Angesichts der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan wirft Hollerich Europa und dem Westen politisches Versagen vor. Erst habe man den Menschen Hoffnung gemacht und sie dann im Stich gelassen. Nun wolle niemand die Verantwortung übernehmen. "Wir haben unser Gewissen verloren", kritisiert der Kardinal.

In den humanitären Korridoren sehe er eine Chance für einen Kurswechsel. Auffanglager in den Nachbarländern Afghanistans halte er für den falschen Ansatz, so Hollerich. Die Bewohner solcher Lager seien "zu Verzweiflung verdammt". Der richtige Weg sei vielmehr die Schaffung sicherer und legaler Einreisemöglichkeiten in die EU. (KNA)