Frühere Mitarbeiterin wehr sicht gegen Kündigung und fordert Schmerzensgeld

Streit zwischen Erzbistum Köln und Ex-Justiziarin geht weiter

Veröffentlicht am 03.09.2021 um 14:44 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Keine Einigung zwischen dem Erzbistum Köln und seiner Ex-Justiziarin vor dem Arbeitsgericht: Die Diözese hatte der Frau im Juli fristlos gekündigt, weil sie ihren Bürostuhl während der Corona-Pandemie mit ins heimische Büro genommen hatte.

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Das Erzbistum Köln und seine frühere Justiziarin haben sich vor dem Arbeitsgericht Köln nicht gütlich einigen können. Das Gericht erklärte einen Gütetermin am Freitag für erfolglos und setzte einen Kammertermin für den 18. Januar an. Die Rechtsexpertin, die beim Erzbistum auch mit der Bearbeitung von Missbrauchsfällen betraut war, wehrt sich gegen ihre Kündigung sowie ihre Versetzung in den Ruhestand und verlangt zudem mindestens 50.000 Euro Schmerzensgeld. Sie arbeitete seit 2008 für Deutschlands mitgliederstärkste Diözese und war als Justiziarin und Leiterin der Rechtsabteilung tätig.

Seine Mandantin habe über Jahre hinweg Missbrauchsakten bearbeiten müssen und sei mit dieser Tätigkeit zunächst "alleingelassen" worden, erklärte Anwalt Stephan Vielmeier zu der Forderung nach Schmerzensgeld. Die Justiziarin leide heute unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.  Sie habe eine Retraumatisierung erlitten, als externe Rechtsgutachter sie zu ihrem Umgang mit Missbrauchsfällen befragt hätten. Vielmeier verlangte, die Kündigung und Versetzung in den Ruhestand zurückzunehmen.

Bürostuhl mitgenommen

Dieser Forderung kam das Erzbistum Köln nicht nach. Es hatte der Frau im Juli fristlos gekündigt, weil sie ihren Bürostuhl während der Corona-Pandemie mit ins heimische Büro genommen hatte. "Es gibt keinen einzigen Bürostuhl, der in Corona-Zeiten mit nach Hause genommen werden durfte", sagte der Anwalt des Erzbistums Köln, Wolfgang Glöckner. Die Juristin habe ein schlechtes Beispiel gegeben. Daher sei eine fristlose Kündigung gerechtfertigt. Die Fachfrau, die seit vergangenen April als arbeitsunfähig gemeldet ist, sei zudem per Vertrag wie eine Beamte angestellt gewesen. Die einseitige Versetzung in den Ruhestand sei deshalb rechtens.

Auch die Schmerzensgeldforderung wies Glöckner zurück. Die Justiziarin sei an der Beauftragung einer Anwaltskanzlei für ein erstes Missbrauchsgutachten beteiligt gewesen. Es sei klar gewesen, dass die Gutachter unabhängig gearbeitet und selbst entschieden hätten, wen sie für ihre Untersuchung befragen. Wäre die Justiziarin außen vor geblieben, wäre das laut Glöckner einer "Vertuschung der Vertuschung" gleichgekommen.

Neun Pflichtverletzungen vorgeworfen

Das Rechtsgutachten sollte klären, wie Bistumsverantworliche mit Missbrauchsfällen umgingen – ob sie Fälle vertuschten und Täter schützten. Weil das Erzbistum die erste Untersuchung für mangelhaft hält, beauftragte es ein zweites Gutachten. Dieses hält der Justiziarin neun Pflichtverletzungen vor: Sie meldete demnach Fälle nicht an die Staatsanwaltschaft, die jedoch bereits alle verjährt waren. Zugute halten ihr die Autoren, dass sie bei der Bearbeitung der Missbrauchsfälle großen Einsatz gezeigt und in regelmäßigem Kontakt mit der Staatsanwaltschaft gestanden habe.

Das Erzbistum Köln und Erzbischof Rainer Maria Woelki stehen seit Monaten unter Druck. Unter anderem die Missbrauchsaufarbeitung hat zu einer Vertrauenskrise geführt. Im Juni schickte Papst Franziskus zwei Gesandte in die Erzdiözese, um vor Ort die Situation zu prüfen. Sie legten dem Kirchenoberhaupt zum Abschluss einen Bericht vor. Franziskus muss nun über das weitere Vorgehen entscheiden – auch über die Zukunft von Kardinal Rainer Maria Woelki. Der Erzbischof hat Rücktrittsforderungen bislang zurückgewiesen. (mal/KNA)

3.9., 15:20 Uhr: Ergänzt um weitere Details.