ZdK: Heße-Entscheidung ist "Schlag ins Gesicht" für Betroffene
Die Entscheidung des Papstes, den Hamburger Erzbischof Stefan Heße (55) trotz Fehlern im Umgang mit Missbrauchsfällen im Amt zu belassen, ist auf Zustimmung und Ablehnung gestoßen. Kritik kam am Mittwoch vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch" und der Initiative "Wir sind Kirche". Lobend äußerte sich die Deutsche Bischofskonferenz (DBK).
ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann erklärte in Bonn, wenn aus Fehlentscheidungen keine persönlichen Konsequenzen folgten, sei das ein "Schlag ins Gesicht für Betroffene von sexueller Gewalt". ZdK-Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel führte weiter aus: "Ich bin schockiert darüber, dass im Vatikan offenbar weiter verleugnet wird, dass sichtbare und spürbare Veränderungen in der Kirche nötig sind, um das verloren gegangene Vertrauen wieder zu erlangen." Die Katholikinnen und Katholiken in Deutschland hätten andere Erfahrungen mit Verantwortungsübernahme im gesellschaftlichen und politischen Kontext. Dass die Kirche hier so verfahre, sei sehr irritierend.
Katsch kritisiert "organisierte Verantwortungslosigkeit"
Der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, sprach auf Twitter von "organisierter Verantwortungslosigkeit". Er rief zum Austritt aus der Kirche aus: "Anders merken die nichts." Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sagte der "Rheinischen Post", die Opfer sexualisierter Gewalt müssten die Entscheidung des Papstes "wie einen Schlag ins Gesicht begreifen", weil erneut keine personellen Konsequenzen gezogen würden. Heße sei "eine enorme moralische Last" auf die Schultern gelegt worden, weil er nun "erst einmal wieder Fuß fassen muss".
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Die Initiative "Wir sind Kirche" wertete das Votum als "höchst problematisch". Es sei zu fragen, wofür kirchliche Führungskräfte überhaupt noch zur Verantwortung gezogen werden. In Köln sei jetzt damit zu rechnen, dass die Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff ihre Ämter wieder aufnehmen könnten. Auch ihnen wurden Pflichtverletzungen nachgewiesen. Mit Blick auf den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bekundete die Initiative die Befürchtung, dass er sich in seinem Kurs bestätigt sehe, "der nur die juristischen Verstöße bewertet, jede moralische Verantwortung der Kirchenleitung jedoch außer Acht lässt".
Bätzing dankbar, dass "schwierige Zeit der Ungewissheit" endet
Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing erklärte in Bonn, nun ende für Heße und das Erzbistum "eine schwierige Zeit der Ungewissheit. Das ist gut so, und dafür bin ich dankbar." Bätzings Stellvertreter, der Osnabrücker Bischof Fanz-Josef Bode, erklärte, er sei froh, dass es "nach reiflicher Prüfung" nun eine Entscheidung gebe. Er sei sicher, dass Heße sie "demütig und entschlossen" annehmen werde, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Verhalten haben Jugendvertreter aus dem Erzbistum Hamburg auf die Entscheidung des Papstes reagiert. "Wir hoffen, dass die Entscheidung von Papst Franziskus für die Klarheit sorgt, die wir brauchen, um gemeinsam wieder Vertrauen aufzubauen und einen Neuanfang im Erzbistum zu gestalten", erklärte der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Hamburg. Eine Annahme des Amtsverzichts Heßes durch Franziskus "wäre ein spürbares Zeichen dafür gewesen, dass auch Rom sich der dramatischen Lage unserer Kirche in Deutschland bewusst ist". Der BDKJ bekundete die Hoffnung, dass Heße die Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt und die Prävention im Erzbistum Hamburg konsequent vorantreiben werde.
Der Papst hat am Mittwoch das im März eingereichte Rücktrittsgesuch Heßes abgelehnt. Zwar habe er in seiner Zeit als ehemaliger Personalchef und Generalvikar im Erzbistum Köln Fehler begangen, heißt es in einer Erkärung der Botschaft des Papstes in Deutschland. Doch seien diese nicht mit der Absicht begangen worden, Missbrauchsfälle zu vertuschen. (mfi/KNA)
15.9., 19:30 Uhr: Ergänzt um BDKJ.