Kirche sei dadurch eine sündige Kirche geworden

Bischof Neymeyr: Schwere Schuld katholischer Amtsträger an Missbrauch

Veröffentlicht am 19.09.2021 um 09:48 Uhr – Lesedauer: 

Erfurt ‐ "Das Entsetzen innerhalb und außerhalb der Kirche ist berechtigt – auch über den Umgang der Verantwortlichen mit Beschuldigten und mit Betroffenen", sagte der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr mit Blick auf den Missbrauch in der Kirche.

  • Teilen:

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr hat "schwere Schuld" katholischer Amtsträger an sexualisierter Gewalt in der Kirche eingeräumt. "Das Entsetzen innerhalb und außerhalb der Kirche ist berechtigt – auch über den Umgang der Verantwortlichen mit Beschuldigten und mit Betroffenen", sagte Neymeyr am Sonntag bei einer Erfurter Bistumswallfahrt: "Unsere Kirche ist dadurch eine sündige Kirche geworden. Das nicht wahrzunehmen, ist die tiefste systemische Ursache des Missbrauchsgeschehens in unserer Kirche."

Die Bischöfe und viele in der Kirche hätten diese Verbrechen jedoch nicht "nur mit Entsetzen zur Kenntnis genommen", betonte Neymeyr zugleich. In allen kirchlichen Einrichtungen und Organisationen stünden jetzt Expertinnen und Experten den Betroffenen als Ansprechpersonen zu Verfügung. "Keine andere Organisation in Deutschland hat solch ein System überall eingerichtet."

So gebe es im Bistum Erfurt seit elf Jahren eine Missbrauchskommission, "in der Fachleute jeder einzelnen Beschuldigung gemäß einer detaillierten veröffentlichten Ordnung nachgehen". Den Betroffenen würden nicht nur Therapiekosten erstattet. Sie erhielten auch Geldleistungen zur Anerkennung des erlittenen Leids nach einer ebenfalls veröffentlichten Ordnung, auch wenn der Beschuldigte nicht mehr lebe.

Kirche habe "große Fortschritte" erzielt

Auch mit Blick auf die Verhinderung von sexualisierter Gewalt habe die katholische Kirche "große Fortschritte erzielt, auch wenn wir noch nicht alles erreicht haben", so der Bischof. Dieses Anliegen müsse allen in der Kirche wichtig sein, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, auch den ehrenamtlich Mitarbeitenden. "Schutzkonzepte, Präventionsschulungen und Führungszeugnisse sind unerlässliche Bausteine", mahnte Neymeyr.

Zudem werde auch im Bistum Erfurt im Oktober eine unabhängige Kommission mit Beteiligung von Betroffenen damit beginnen, die Verbrechen aufzuarbeiten, soweit es möglich sei. "Wir sind nicht tatenlos", versicherte der Bischof. "Manches dauert zu lange, aber wir können nicht auf Erfahrungen anderer zurückgreifen." (KNA)