Kirchenrechtler: Papst-Entscheidung zu Woelki ist "Bankrotterklärung"
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hat die Entscheidung von Papst Franziskus, den umstrittenen Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki im Amt zu belassen, als "moralische Bankrotterklärung" kritisiert. "Weil der Papst den Worten nach und nach seinen Gesetzen sagt, dass es null Toleranz mit Vertuschung und Tätern gibt und dass alle Verantwortungsträger zur Verantwortung gezogen werden", sagte Schüller am Samstag im WDR-Radio. Wenn dann aber ernst werde, "werden die Herren weich, sprich dann kriegen sie Auszeiten gewährt und bleiben im Amt". Für die vielen Opfer sexueller Gewalt sei das "ein Schlag ins Gesicht".
Franziskus hat nach einer päpstlichen Prüfung entschieden, Erzbischof Woelki im Amt zu belassen. Anlass der päpstlichen Prüfung war der Umgang der Bistumsleitung mit der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Ein erstes in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten hielt Woelki monatelang mit dem Verweis auf angebliche Mängel zurück.
Ein im März veröffentlichtes zweites Rechtsgutachten wies den Erzbischof persönlich zwar keine Pflichtverletzungen nach, dennoch steht er seit Monaten in der Kritik – vor allem innerhalb seines Erzbistums. Der Papst hat nun Woelki auf dessen eigenen Wunsch eine mehrmonatige Bedenkzeit verordnet. Die Amtsgeschäfte übernimmt als Apostolischer Administrator der Kölner Weihbischof Rolf Steinhäuser.
Kirche sei System ohne Gewaltenteilung und Kontrolle
Schüller zeigte sich erstaunt darüber, dass der Papst das zweite Gutachten vom März offenbar eins zu eins akzeptiert habe. Dabei seien bestätigte juristische Gutachten immer auch interessengeleitet. "Sie versuchen natürlich den, der es in Auftrag gibt, zu befreien von irgendwelchen Vorwürfen", sagte der Kirchenrechtler. Er nannte die katholische Kirche "ein System, wo es keine Gewaltteilung gibt, keine Kontrolle". "Der Papst ist ein Monarch, der Gnade walten lassen kann, wo er denkt und einen Kardinal von Köln lässt man halt nicht fallen", so Schüller.
Kritik an der Entscheidung des Papstes hatte zuvor auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, geäußert: "Das Instrument einer Auszeit ist nicht genug. Es ist völlig unklar, was am Ende einer solchen Auszeit stehen kann und sie ist nicht geeignet, um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen." Mit der römischen Entscheidung werde zudem ein "Erneuerungsprozess, der bitter nötig ist, verhindert". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, hatte auf die Mitteilung des Vatikan verhalten reagiert. Was darin zur Entschiedenheit des Aufarbeitungswillens von Kardinal Woelki gesagt werde, treffe einerseits zu. Andererseits lasse die päpstliche Note "angesichts der entstandenen Lage viele Betroffene ratlos und verletzt zurück". (mfi/epd)