Hürden auf Weg zur Heiligsprechung: Kolping seit 30 Jahren ein Seliger
"Solche Leitbilder wie Adolph Kolping brauchen wir für die Kirche von heute", so würdigte Papst Johannes Paul II. den Gründervater der katholischen Gesellenvereine an dessen Grab in der Kölner Minoritenkirche am 15. November 1980. Der Papst griff damit einem weiteren Schritt schon fast vor: Fast elf Jahre später, am 27. Oktober 1991, sprach er den Sozialpionier in Rom selig und führte damit formell das Verfahren zu einem vorläufigen Ausgang, das der Kölner Erzbischof Karl Joseph Schulte schon 1937 eröffnet hatte.
Adolph Kolping gilt heute vielen als Personifikation des katholischen Sozialwesens. Das von ihm 1849 gegründete Kolpingwerk verfolgte das Ziel, etwas gegen die Armut des beginnenden Industriezeitalters zu tun. Diese hatte der Schäferssohn aus Kerpen – das seit 2012 offiziell den Titel Kolpingstadt trägt – am eigenen Leib erfahren. War er zunächst als Schumacher tätig, konnte er schließlich mit Unterstützung der Gutsbesitzerfamilie, für die sein Vater arbeitete, in München und Bonn Theologie studieren. Am 13. April 1845 empfing Kolping die Priesterweihe.
Aus Kolpings Idee hat sich ein Netzwerk entwickelt
Nachdem er in Elberfeld zum Präses eines katholischen Gesellenvereins wurde, bat er alsbald den Kölner Erzbischof Johannes von Geissel um eine Stelle in der Domstadt. Als Priester erkannte Kolping den Stellenwert der Gesellenvereine und wollte dieses Modell der Hilfe zur Selbsthilfe weitertragen. Das jedoch ging seiner Ansicht nach nur in einer Großstadt wie Köln. Dort rief der zum Domvikar ernannte Geistliche gemeinsam mit sieben jungen Männern nach dem Elberfelder Vorbild einen Gesellenverein ins Leben, aus dem schließlich das weltweite Kolpingwerk hervorging.
Heute ist Kolping International nach eigenen Angaben in 61 Ländern aktiv, mit rund 450.000 Mitgliedern, die sich in 5.800 sogenannten Kolping-Familien organisieren. Aus Kolpings Idee, vornehmlich jungen Gesellen auf Wanderschaft religiösen Halt, Gesellschaft, Bildung und soziale Unterstützung zu geben, hat sich ein Netzwerk gebildet, das nicht nur junge Menschen in der Arbeitswelt, sondern auch Familien allgemein aktiv unterstützt. Damals wie aktuell geht es jedoch weiterhin um die Entfaltung beruflicher und allgemeiner Fähigkeiten sowie um die Gestaltung der Lebenswelt aus dem Glauben heraus.
Die Identifikation mit dem Gründervater ist im Kolpingwerk so stark wie eh und je. So war die Seligsprechung vor 30 Jahren ein maßgebliches Ereignis für die internationale Organisation. Und sie soll noch nicht das Ende sein: Weiterhin arbeitet das Kolpingwerk fleißig auf die Heiligsprechung des Priesters hin.
"Die Vorbereitungen sind alle abgeschlossen, aber das Verfahren ruht momentan", erklärt der aktuelle Generalpräses des internationalen Kolpingwerks, Ottmar Dillenburg, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Was zur Weiterführung fehlt, ist nun das notwendige dritte Wunder." Sobald das da sei, zum Beispiel in Form einer Krankenheilung, könne der Kölner Erzbischof als zuständiger Ortsbischof das Verfahren wieder ins Rollen bringen.
Was fehlt ist ein Wunder
Eine Möglichkeit sähe der Generalpräses in einem Wunderdispens, den der Erzbischof beim Papst beantragen könnte. Damit könnte auf das dritte Wunder verzichtet werden; "zwei sind ja ohnehin schon für die Seligsprechung belegt", so Dillenburg. Zumal sich der Sozialpfarrer deutlich von anderen Seligen abhebe. "Durch unsere internationale Vernetzung wird der selige Adolph Kolping schon jetzt weltweit verehrt."
Doch gibt es auch andere Schwierigkeiten. Denn neben seiner praktischen Arbeit entfaltete der als charismatisch beschriebene Kolping auch eine umfängliche journalistische Tätigkeit, etwa für die Wochenzeitung "Rheinische Volksblätter", um die sozialen Missstände des 19. Jahrhunderts aufzuzeigen. Dabei seien Kolpings Positionen auf der einen Seite für die damalige Zeit durchaus modern gewesen, sagt Dillenburg. "Gerade in der Ökumene war Kolping sehr fortschrittlich eingestellt. Für ihn war es von Beginn an selbstverständlich, dass auch junge Protestanten Zugang zum Gesellenverein erhielten."
Auf der anderen Seite zog der Priester aber durchaus konfrontativ mit seiner Meinung zu Felde. Deutlich ablehnend äußerte er sich beispielsweise zum Kommunismus, den er als Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung sah. Nun ist der Gegensatz zwischen Katholizismus und Kommunismus an sich nicht weiter verwunderlich; er existiert im Prinzip bis heute.
Daneben finden sich jedoch auch diskussionswürdige "Schattenzeilen" in Kolpings Werk, in denen er Vorurteile und Feindseligkeiten gegenüber Juden formuliert. So warf er ihnen vor, als "geborene Spekulanten" das Handwerk kaputt zu machen und damit zur Verarmung der Handwerker beizutragen.
"Kolping war ein Kind seiner Zeit"
Laut Dillenburg gefährdet dies die Heiligsprechung Kolpings jedoch nicht. "Diese Passagen sind beim Prozess zum Seligsprechungsverfahren schon geprüft und nicht als überbordend antisemitisch eingestuft worden. Kolping war vielmehr ein Kind seiner Zeit, in der eine ablehnende Haltung gegenüber dem Judentum leider sehr verbreitet war."
Sollte es nun schlussendlich zur Heiligsprechung kommen, hätte das große Auswirkungen auf das weltweite Kolpingwerk, meint der Generalpräses. "Besonders bei den vielen Mitgliedern in Südamerika, Afrika und Asien, für die Heiligsprechungen noch eine viel emotionalere Sache sind als für uns in Europa, wird das Begeisterung auslösen. Für sie wäre das ein enormer Motivationsschub, auch um neue Mitglieder zu gewinnen."