Standpunkt

Neue Frauenpower: Die EKD ist nicht die bessere Kirche – aber...

Veröffentlicht am 16.11.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Bei der evangelischen Kirche haben die Frauen das Kommando übernommen. Die bessere Kirche ist sie damit zwar nicht, kommentiert Matthias Drobinski. Die neue Frauenpower biete aber Chancen, die die katholische Kirche nicht habe.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Bei der evangelischen Kirche haben die Frauen das Kommando übernommen: Annette Kurschus, Präses der westfälischen Landeskirche, ist am Mittwoch zur neuen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden; Kirsten Fehrs, die Hamburger Bischöfin, zu ihrer Stellvertreterin. Und bereits sei Juni ist Anna-Nicole Heinrich Chefin der Synode, des Kirchenparlaments – eine 25 Jahre junge Studentin, die sich erst als Schülerin dem Christentum näherte. Frauenpower für die EKD. Vielleicht denkt mancher erschrockene männliche Gemeindechrist oder ältere Theologieprofessor bereits an die Gründung der Initiative Josef 1.0, für die Rechte von Männern in einer matriarchalen Kirche, Männerquote in Führungsämtern inklusive.

Droht der Untergang, wenn Frauen die evangelische Kirche leiten? Oder macht das die evangelische Kirche automatisch besser, gar zur besseren Kirche – verglichen mit der katholischen, wo viele Frauen damit hadern, dass Pfarrer, Dekane, Bischöfe nichts anderes sein dürfen als Männer? Weder das eine noch das andere stimmt. Auch Annette Kurschus, Kirsten Fehrs und Anna-Nicole Heinrich werden nicht verhindern können, dass die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder schrumpft. Sie werden einen mühsamen Transformationsprozess begleiten müssen. Sie werden sich dafür einsetzen müssen, dass der Skandal der sexualisierten Gewalt im Raum der evangelischen Kirche aufklärt und aufgearbeitet wird. Es kann sein, dass die drei Frauen in einer sich dramatisch wandelnden Gesellschaft glaubwürdige Vertreterinnen ihrer Kirche und überhaupt der christlichen Nächstenliebe, Hoffnung und Zuversicht sind – man sollte es ihnen von Herzen wünschen. Es kann aber auch sein, dass sie hinter den Erwartungen zurückbleiben.

So halt, wie jeder katholische Bischof sein Amt gut ausüben kann und weniger gut. Und trotzdem – es ist nicht egal, dass drei Frauen an der Spitze der EKD stehen. Sie bringen sehr unterschiedliche Biografien mit, sehr unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven, Frauenperspektiven. Die evangelische Kirche wird dadurch nicht einfach besser, aber vielfältiger, diverser. Sie hat damit eine Chance mehr als eine Kirche, die nur Männer in leitenden geistlichen Ämtern kennt. Schade eigentlich für die katholische Kirche.

Von Matthias Drobinski

Der Autor

Matthias Drobinski ist Reporter bei der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.