Am 21. November ist Christkönigssonntag

Was es bedeutet, Christus als König zu verehren

Veröffentlicht am 21.11.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Christus, du allein, du sollst König sein für alle Welt und Zeit, für alle Ewigkeit": Alljährlich wird Ende November der Christkönigssonntag gefeiert. Ein Fest, dessen Inhalt nicht auf den ersten Blick zugänglich ist. Was feiern wir hier eigentlich, wenn wir den Christkönigssonntag begehen?

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Zunächst lässt sich ziemlich eindeutig sagen, was die Kirche am Christkönigssonntag nicht feiert: Im Mittelpunkt der Liturgie steht nicht ein König, wie wir ihn aus manchen Königshäusern unserer Tage kennen. Gekrönte Häupter gibt es weltweit nicht mehr viele, aber diejenigen, die es noch gibt, sind häufig Thema in der Klatschpresse. Und wenn ein Mitglied der königlichen Familie stirbt, wie dies im April dieses Jahres beim englischen Prinzgemahl Philip der Fall war, dann sind viele Kameras weltweit auf ein solches Ereignis gerichtet. Solche Königshäuser wirken auf viele Menschen anziehend: Auch wenn die Zeiten der Monarchie hier in Deutschland längst der Vergangenheit angehören, gibt es manche, die sich immer noch gerne in die Zeit der Schlösser und gekrönten Häupter zurücksehnen. Freilich: Christus ist kein solcher König, der mit seiner goldenen Krone auf dem Haupt irgendwo auf einem Thron sitzt und dort mildtätig regiert. Ein solches Königtum lehnt Jesus ja entschieden ab. Als ihn die Menschen zum König machen wollen, versteckt er sich vor ihnen. Und beim Prozess vor Pilatus betont er nachdrücklich, dass sein Königtum nicht von dieser Welt ist. Jesus ist keiner, der Politik machen will. Er ist keiner, dem daran liegt, eine Revolte anzuzetteln und das politische System zum Umsturz zu bringen.

Kein Messias wie die anderen

Viele waren schon vor ihm aufgetreten und hatten vorgegeben, der Messias zu sein. Aber sie sind gescheitert, vor allem auch deswegen, weil sie politisch motiviert waren. Das Reich Gottes haben sie als eine konkrete Herrschaftsform verstanden, derer natürlich die römische Oberherrschaft gewaltig im Weg gestanden hat. Deswegen haben die Römer mit solchen "Messiassen" auch kurzen Prozess gemacht: Sie waren Aufständische, die revoltierten. Und das war für die Römer untragbar, denn sie waren für Ruhe und Sicherheit im Land verantwortlich. Jesus wusste um das Schicksal dieser Menschen. Und er war sich auch im Klaren darüber, wie schnell er und seine Botschaft ebenfalls missverstanden werden konnten. Sicher waren es nicht wenige, die glaubten, Jesus würde einen politischen Umsturz herbeiführen und das Land von der Herrschaft Roms befreien. Doch weit gefehlt! Für Jesus war so etwas nie eine Option. Er wusste, dass die Königsherrschaft Gottes, die durch sein Leben und Wirken inmitten dieser Welt anbrechen sollte, eine völlig andere Qualität besaß als jede politische Herrschaftsform. Ja, Jesus ist ein König: Das gibt er auch vor Pilatus frei und offen zu. Aber er ist ein anderer König, der mit keinem irdischen Monarchen vergleichbar wäre.

Was für ein König ist dieser Jesus dann aber? Das Evangelium vom Christkönigssonntag in diesem Lesejahr setzt den Hörer mitten hinein in den Karfreitag. Jesus steht vor Pilatus, er wurde gefangengenommen, ihm wird jetzt der Prozess vor dem römischen Statthalter gemacht. Die Passion Jesu, sein Leiden und Sterben stehen an diesem Christkönigssonntag im Mittelpunkt. Es ist nicht wirklich ein Text, der die königliche Würde dieses Menschen aus Nazareth offenbaren würde. Es ist vielmehr eine Perikope, die das Leiden dieses Menschen und seine unsägliche Ohnmacht in Erinnerung ruft. Was ist Jesus für ein König? Die Passionsgeschichte zeigt: Er ist einer, über den sich die Soldaten lustig machen und dem sie als Ausdruck ihres Spottes einen Dornenkranz aufsetzen. Durch diese Krönung wollen die Soldaten Jesus lächerlich machen. Jesus ist ein Spottkönig.

Soldaten setzen dem zum Kreuzestod verurteilten Jesus eine Dornenkrone auf den Kopf
Bild: ©KNA

Soldaten setzen dem zum Kreuzestod verurteilten Jesus eine Dornenkrone auf den Kopf und verspotten ihn (Szene aus den Passionsspielen in Oberammergau).

Wenn am Christkönigssonntag ein Abschnitt aus der Passion gelesen wird, dann kann dies vor allem eines zeigen: Es kann davor bewahren, dass wir uns in allzu menschliche Vorstellungen von einem König verrennen und diese auf Jesus projizieren wollen. Jesus ist keiner, der eine Königskrone auf seinem Haupt trägt oder der auf einem Thron sitzt. Er ist auch keiner, der politische Ambitionen hegen würde oder Freude daran verspüren würde, über Menschen und Länder zu herrschen. Die Passion Jesu macht doch viel mehr eines deutlich: Unsere Idee von diesem König Jesus wird radikal durchkreuzt. Wer wissen möchte, wie der Christkönig aussieht, der muss nur ans Kreuz schauen: Dort hängt er, die Wunden blutüberströmt, auf dem Haupt eine Krone aus Dornen. Das ist der König, der über die Erde erhöht ist, um alle an sich zu ziehen (vgl. Joh 12,32). Hier, am Kreuz, offenbart sich die Königswürde Jesu.

Es ist ein paradoxes Bild, das der Christkönigssonntag präsentiert: Einerseits wird da "ein König aller Ehren" besungen, dessen "Reich ohn alle Grenzen ist" (vgl. GL 375,1). Und andererseits lenkt dieser Sonntag den Blick auf den ohnmächtigen Gekreuzigten, der einsam und verlassen auf Golgotha seinen Geist aushaucht. "Du sagst es, ich bin ein König", gibt Jesus vor Pilatus offen zu (Joh 18,37). Und er schiebt nach: "Mein Königtum ist nicht von dieser Welt." (Joh 18,36) Damit relativiert sich vieles: Der Zugang zum Königtum Jesu eröffnet sich nicht über die Paläste der gekrönten Häupter oder dort, wo man profane Vorstellungen von einem Herrscher auf Jesus umlegt.

Ein widerständiges Fest

Das Christkönigsfest wurde besonders zur Zeit der NS-Diktatur mit großer Feierlichkeit begangen: Es war geradezu ein Gegenfest zur Erfahrung einer unmenschlichen und gewaltvollen Willkürherrschaft. Mit dem Bekenntnis zu Christus, als dem wahren König der Welt, sollte gezeigt werden: Wir Christen glauben an Christus, den König der Welt – dessen Königtum aber anderen Maßstäben folgt als jede irdische Herrschaft. Mit anderen Worten: Die Königsherrschaft Jesu wird nur dort recht verstanden, wo man die Unterschiede zu allen weltlichen Herrschern betont und Jesus nicht einfach mit einer solchen Herrschaft identifiziert.

Als sich die Sterndeuter aus dem Osten aufmachen, um dem "neugeborenen König der Juden" zu huldigen, ziehen sie zuerst in den Jerusalemer Königspalast. Doch dort finden sie ihn nicht. Sie müssen schon hinausgehen, an die Peripherie, um dort, an einem einsamen Fleckchen, einem Neugeborenen und seiner Mutter zu begegnen. Wie den Sterndeutern, so geht es vielen Menschen, die Jesus suchen: Sie machen sich an die falschen Orte auf, sie stellen verkehrte Ansprüche an Jesus. "Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde", erzählen die beiden Jünger voller Traurigkeit dem Fremden auf ihrem Weg nach Emmaus (Lk 24,21). Der Christkönigssonntag macht deutlich: Jesus durchbricht unsere menschlichen Gedanken häufig, er lässt sich in unsere Schemata pressen. Er ist der ganz Andere, der uns immer wieder mit seiner Gegenwart und Nähe beschenkt. Gerade in diesem Paradoxen, dass sich die Königswürde Jesu in seiner Passion offenbart, sind wir bleibend auf das Geheimnis Gottes verwiesen.

Slum bei Mumbai
Bild: ©dpa/Rafiq Maqbool

Wer die Königswürde Jesu sucht, muss hierhin schauen.

Wer erfahren möchte, was es bedeutet, Christus als König zu feiern, der muss sich auf den Weg machen. Der muss den Mut haben, Jesus nachzufolgen, mitten hinein in das größte Elend und Leid, das sich Menschen einander antun können. Dort offenbart sich Jesu Königswürde. Nicht als eine Herrschaft über Menschen, die sich mit Gewalt und Waffen durchsetzen würde. Sondern als Solidarität und Mitleiden, als Beistand bei den Armen und Schwachen und jenen, die keinen Helfer haben. Diese Eigenschaften prägen den König, der am letzten Sonntag des Kirchenjahres gefeiert wird.

Von Fabian Brand