Polens Bischöfe verurteilen Ausnutzung von Migranten durch Belarus
Die katholische Kirche in Polen hat das Regime des Nachbarlandes Belarus wegen der Vorfälle an der gemeinsamen Landesgrenze indirekt scharf kritisiert. Polens Bischöfe verurteilten am Freitag in einer Erklärung nach ihrer Vollversammlung in Tschenstochau (Czestochowa) die "Ausnutzung menschlicher Tragödien für Aktionen gegen die polnische Souveränität". Sie nannten allerdings den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko und seine Regierung nicht beim Namen.
Migranten seien in vielen Fällen "Opfer rücksichtslosen politischen Handelns und der Habgier von Schleusermafias", so die Bischöfe. Zugleich dankten sie den polnischen Grenzschutzbeamten, Soldaten und Polizisten dafür, dass sie in "dieser sehr schwierigen Situation aufopferungsvoll ihrer Verpflichtung nachkommen, unsere Grenzen zu verteidigen und die Sicherheit aller in Polen lebenden Menschen zu gewährleisten". Sie baten die Regierung in Warschau sowohl um einen wirksamen Schutz der Grenze und der Familien und Häuser in der Region, als auch dringend um Zugang zu den bedürftigen Migranten. Ausdrücklich würdigten die Bischöfe die humanitäre und medizinische Hilfe, die Bewohner des Grenzgebiets, die Caritas und Nichtregierungsorganisationen notleidenden Menschen geleistet hätten.
Die gleichzeitige Verpflichtung, die Grenze zu verteidigen und diejenigen zu unterstützen, die Opfer der schwierigen Situation geworden seien, stelle keinen Widerspruch dar, heißt es in der Erklärung weiter. Es gebe keinen inneren Konflikt zwischen wohlverstandenem Patriotismus und dem Schutz der Grenze einerseits und der "Hilfe für Mitmenschen in Not im Sinne des barmherzigen Samariters" andererseits. In diesem Zusammenhang rufen die Bischöfe zum Dialog und zur Versöhnung im gesellschaftlichen und politischen Leben sowie in den Medien auf und mahnen, Hassreden und Äußerungen der Intoleranz zu unterlassen.
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Warschau und die EU werfen dem Regime in Minsk vor, Zehntausende Menschen aus Krisenländern im Nahen Osten und anderswo per Flugzeug nach Minsk gebracht und sie dann teils gewaltsam über die Grenze nach Polen gedrängt zu haben. Die Lage an der Grenze ist seit Tagen äußerst angespannt. Der von Polen kürzlich errichtete Stacheldrahtzaun wurde mehrfach von belarussischer Seite aus beschädigt. Mehr als zehn Migranten starben laut Hilfsorganisationen nach ihrer Ankunft in Polen an Unterkühlung oder Erschöpfung.
Polens Regierung verwehrt Hilfsorganisationen und Kirchenvertretern das Betreten des Grenzgebiets. Staatspräsident Andrzej Duda rief Anfang September den Notstand in einem etwa drei Kilometer breiten Streifen entlang der mehr als 400 Kilometer langen Grenze zu Belarus aus.
Die katholische Kirche in Polen will an diesem Sonntag landesweit in ihren Gottesdiensten zu Spenden für die über die belarussische Grenze kommenden Migranten aufrufen. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, hatte Anfang Oktober von der polnischen Regierung erfolglos die Zustimmung für sogenannte humanitäre Korridore gefordert. "Dieser in anderen Ländern bewährte Mechanismus ermöglicht es, den bedürftigsten Opfern von Kriegen und Verfolgungen auf sichere und vollständig kontrollierte Weise konkrete Hilfe zu leisten", so der Erzbischof damals. (KNA)