Rund 1.000 Jahre lang residierten dort die Kirchenoberhäupter

Früherer Papst-Sitz wird Museum: Lateranpalast öffnet für Besucher

Veröffentlicht am 12.12.2021 um 12:44 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Einst war er Amtssitz der Päpste, für die Öffentlichkeit war er lange unzugänglich. Von Montag an kann der Lateranpalast in Rom von Besuchergruppen besichtigt werden. Zehn Säle sowie die päpstlichen Gemächer mit Privatkapelle werden geöffnet.

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Trotz der Mühsal seines Amtes nimmt sich Papst Franziskus immer wieder Zeit für schöngeistige Projekte. Vor einigen Wochen schlug er mit der Eröffnung einer modernen Ausstellung in der Vatikanischen Bibliothek ein "neues Kapitel" auf. Nun macht er den altehrwürdigen Lateranpalast im Südosten Roms als Museum für die Öffentlichkeit zugänglich.

Ab Montag bietet das "Haus des Bischofs von Rom" Führungen für Gruppen von bis zu 30 Personen an. Für die Organisation zuständig sind die Missionarinnen von der Göttlichen Offenbarung. Sie koordinieren in der Ewigen Stadt seit Jahren Kunst- und Pilgerreisen.

Büros der Kirchenverwaltung untergebracht

Der Laterankomplex mit Basilika zählt zu den sogenannten exterritorialen Besitzungen des Heiligen Stuhls. Zurzeit sind dort Büros der Kirchenverwaltung untergebracht. Für die Allgemeinheit waren die geschichtsträchtigen Räumlichkeiten, die bis zum frühen 14. Jahrhundert als Hauptresidenz der Päpste dienten, zuletzt weitgehend unzugänglich. Das wird sich jetzt ändern.

Im Frühjahr erteilte Franziskus seinem für das Bistum Rom zuständigen Kardinalvikar die Anweisung, den Palast für kulturelle Zwecke zu nutzen. Er fühle sich verpflichtet, das ihm anvertraute künstlerische Erbe für "museale und kulturelle Aktivitäten" zur Verfügung zu stellen, so das Kirchenoberhaupt. Die genaue Ausgestaltung überließ er Kardinalvikar Angelo De Donatis, der am Dienstag sein Konzept vorstellen ließ.

Lateranbasilika
Bild: ©Fotolia/Matteo Gabrieli

Die Basilika San Giovanni in Laterano ist die Bischofskirche von Rom – und damit Kathedralkirche des Papstes in dieser Funktion. An sie schließt sich der Lateranpalast an.

Weil sich der Kardinal wegen eines Risikokontakts in freiwilliger Corona-Quarantäne befindet, übernahmen kunstbeflissene Ordensschwestern mit grünem Habit die Präsentation. "Wir haben die Einladung der Diözese mit großer Freude angenommen", sagte Rebecca Nazzaro bei der Presseführung durch den Palazzo Lateranense. Sie und ihre Mitstreiterinnen wollen Besuchern aus aller Welt die Schätze des Palastes näherbringen.

Davon gibt es reichlich: jahrhundertealte Wandteppiche, filigrane Deckenfresken, wertvolle antike Möbel und allerhand mehr. Zehn Säle von fast 3.000 Quadratmetern Größe können ab Montag besichtigt werden, ebenso die päpstlichen Gemächer mitsamt Privatkapelle.

Erinnerungen an die Lateranverträge

Geschichtsinteressierte kommen gleich zu Beginn der Führung auf ihre Kosten. Im "Saal der Päpste" steht der Tisch, auf dem 1929 die Lateranverträge zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Königreich Italien unterzeichnet wurden. Hinter einer Vitrine liegt aufgeschlagen eine Seite mit den Unterschriften der bevollmächtigten Verhandlungsteilnehmer. Oben rechts erkennt man den Schriftzug des damaligen Diktators Benito Mussolini. Die mit Kardinalstaatssekretär Pietro Gasparri getroffenen Vereinbarungen bilden die Grundlage für den Vatikanstaat in seiner heutigen Form und klärten die "Römische Frage" nach dem Untergang des Kirchenstaates 1870.

Doch die Geschichte des Lateran reicht noch viel weiter zurück. Die Exponate in den übrigen Sälen legen Zeugnis ab von Epochen bis in die Zeit von Konstantin I., dem Großen. Anfang des vierten Jahrhunderts schenkte der Kaiser dem Bischof von Rom, Melchiades, das nach der früheren Eigentümerfamilie benannte Lateran-Grundstück. Darauf entstanden Amtssitz sowie Bischofskirche der Päpste. Rund eintausend Jahre, bis zum Exil in Avignon, wurde der Lateran als päpstliche Residenz genutzt. Er galt seinerzeit als bedeutendster Herrschersitz Europas.

"In dieser Phase wandelte sich Rom von der Hauptstadt des Imperiums zur Hauptstadt der Christenheit", erläuterte Expertin Nazzaro. Nach der Rückkehr von Papst Gregor XI. aus Avignon (1377) sei zwar jenseits des Tibers der neue Amtssitz entstanden. Der historischen Bedeutung des Lateran tue dies jedoch keinen Abbruch.

Von Alexander Pitz (KNA)