Jetzt soll es klappen
Dann stimmt die Generalsynode der Kirche von England nach Jahren heißer Diskussionen, nach unzähligen Verschiebungen und mehreren gescheiterten Voten endgültig über die Zulassung von Frauen zum Bischofsamt ab. Alle drei Häuser der Synode - Bischöfe, Geistliche, Laien - müssen jeweils mit Zweidrittelmehrheit Grünes Licht geben.
Im Vorfeld der Beratungen, die am Freitag in York beginnen, warf der anglikanische Primas, Erzbischof Justin Welby von Canterbury, noch einmal sein ganzes Gewicht in die Waagschale. Er will die Frage endgültig entschieden wissen, die die Kirche schon so lange lähmt und spaltet. Sie war ein Stolperstein für die gesamte Amtszeit seines Vorgängers, Erzbischof Rowan Williams (2002-2012). Und auch Welby selbst bescherte das Thema, noch bevor er überhaupt im Amt war, im November 2012 die erste Niederlage als künftiges Kirchenoberhaupt.
Irland und Wales haben schon Bischöfinnen gewählt
Nicht nur aus der britischen Gesellschaft - auch aus anderen der 38 anglikanischen Nationalkirchen weltweit gab es zuletzt immer mehr Zugzwang. Allein seit September 2013 haben Irland , Wales , Südindien und Australien ihre ersten Bischöfinnen gewählt. Andere, wie die USA und Kanada, segeln schon seit vielen Jahren auch unter weiblicher Führung. Nach dem Sturm von 2012 musste die Kirche von England zunächst ihre Segel flicken. Seitdem versuchte sie, tastend noch einmal auf gleichem Kurs auszufahren.
Das hauchdünne Nein vom November 2012 - trotz eigentlich sehr großer Mehrheiten - kam durch ein äußerst knappes Scheitern der Zweidrittelmehrheit bei der Teilabstimmung der Laien zustande. Das komplizierte Abstimmungsverfahren brachte damit das gesamte Projekt zum Scheitern. In der öffentlichen Wirkung war das ein Fiasko - hatten doch die liberale britischen Regierung und die Medien hartnäckig auf eine Annahme hingearbeitet. Diesmal haben fünf der Dissidenten von damals bereits zugesagt, dem neuen Kompromiss zuzustimmen. Damit wäre die Sperrminorität beseitigt - sofern nicht (unwahrscheinlicherweise) diesmal andere dagegen votieren.
Erste Weihen bereits 2015?
Ein Drittel des anglikanischen Klerus in England ist inzwischen weiblich. Die Staatskirche hatte sich Anfang der 90er Jahre, ebenfalls mit dünner Mehrheit, für eine Zulassung von Frauen zum Priesteramt entschieden. 2016 oder sogar schon 2015, so meinen Experten, könnten nun die ersten Weihen von Bischöfinnen stattfinden.
Die Verästelungen all der Bedingungen, Kompromisse, Zusatzvereinbarungen und Hintertüren, die eine solche Weihe möglich machen sollten, sind inzwischen mehr als unübersichtlich geworden. Traditionalistische Pfarreien, die eine Pfarrerin oder Bischöfin ablehnen, sollen zwar künftig grundsätzlich Anspruch auf Seelsorge durch einen männlichen Pfarrer oder Bischof haben. Allerdings soll es keine Diözesen mehr geben dürfen, die überhaupt keine weiblichen Geistlichen mehr zulassen. Für Streitfälle - die in der Praxis unvermeidbar scheinen - soll nach neuester Fassung eine Schiedseinrichtung geschaffen werden.
Neues Ungemach droht bereits; nun mehr weniger aus der britischen Öffentlichkeit, sondern an anderer Stelle: in der Ökumene. Katholiken und noch stärker Orthodoxe werden "not amused" sein, ab 2015/16 auch in der anglikanischen Mutterkirche mit Bischöfinnen zu tun zu bekommen. Sie sehen darin einen Bruch der kirchlichen Tradition, die die Kirchen weiter voneinander entfernt, statt sie einander anzunähern.
Von Alexander Brüggemann (KNA)