Missbrauchsgutachten: Jung fordert Reaktion von Verantwortlichen
Nach der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens hat der Würzburger Bischof Franz Jung die "noch lebenden Verantwortungsträger" dazu aufgerufen, auf die Ergebnisse der Untersuchung zu reagieren. "An ihnen ist es, sich zu den dargestellten Vorgängen zu verhalten und sich ihrer damit einhergehenden persönlichen Verantwortung zu stellen", sagte Jung am Freitag in Würzburg. Ähnlich hatten sich zuvor auch schon die Bischöfe Franz-Josef Bode (Osnabrück) und Franz-Josef Overbeck (Essen) geäußert.
Jung erklärte weiter, dass in dem am Donnerstag veröffentlichten Gutachten einmal mehr das systemische Versagen der Kirche beschrieben werde. Es sei davon auszugehen, dass die geschilderten Sachverhalte sich in allen deutschen Bistümern bei der Aufarbeitung der Verbrechen sexuellen Missbrauchs in der einen oder anderen Weise wiederfinden würden. "Institutionen- und Täterschutz standen vor der Sorge um das Wohl der Betroffenen sexuellen Missbrauchs. Das ist die erschreckende Bilanz auch dieser Studie", so der Bischof.
Das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) hat für die Zeit von 1945 bis 2019 für das Erzbistum München und Freising 497 Missbrauchsopfer und 235 mutmaßliche Täter ermittelt. Auch den sechs Münchner Erzbischöfen seit dem Zweiten Weltkrieg wurde in der Untersuchung Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen attestiert. Vor allem die beiden noch lebenden ehemaligen Erzbischöfe Kardinal Joseph Ratzinger (1977-1982) – der spätere Papst Benedikt XVI. – und Kardinal Friedrich Wetter (1982-2008) sowie der amtierende Erzbischof Kardinal Reinhard Marx (seit 2008) sehen sich seit der Veröffentlichung des Gutachtens deutlicher Kritik ausgesetzt. (stz)
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