Kirchliche Verbände und Initiativen: Kirche steht vor "Scherbenhaufen"
Nach Auffassung von 25 katholischen Verbänden und Reformgruppen steht die katholische Kirche wegen der vielfachen Missbrauchsfälle vor einem "moralischen Bankrott und Scherbenhaufen". Daher müssten die Teilnehmenden des Synodalen Wegs konkrete Veränderungen einleiten, heißt es in einem am Sonntag in München veröffentlichten Offenen Brief der Organisation "Wir sind Kirche". Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB), die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und die Initiative #OutInChurch. Vom 3. bis 5. Februar findet in Frankfurt die dritte Vollversammlung des Synodalen Wegs statt.
Vergangene Woche hatte die Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl ihr unabhängiges Gutachten zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising in den Jahren von 1945 bis 2019 veröffentlicht. Dem emeritierten Papst Benedikt XVI. werden vier Verfehlungen während seiner Amtszeit als Erzbischof (1977-1982) vorgeworfen. Dem amtierenden Erzbischof Marx wird vorgeworfen, sexuellen Missbrauch nicht zur "Chefsache" gemacht und Fälle nicht dem Vatikan gemeldet zu haben. Marx hatte am Donnerstag Versäumnisse eingeräumt und eine engere Zusammenarbeit mit dem Betroffenenbeirat und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission des Erzbistums angekündigt.
Selbstbindung der Bischöfe erforderlich
In dem Offenen Brief, der von Betroffenen-Organisationen wie dem Eckigen Tisch unterstützt wird, heißt es weiter, dass, solange es kirchenrechtlich keine Gewaltenteilung und wirksame Kontrolle von Macht gebe, eine Selbstbindung der Bischöfe erforderlich sei. Um die zu erwartende nächste Austrittswelle noch aufzuhalten, dürfe der Synodale Weg nicht ins Leere laufen.
Die Kampagne #OutInChurch und vor allem die Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens hätten ein "kirchliches Beben" ausgelöst, hieß es in dem Brief weiter. Angesichts der dramatischen kirchlichen Lage müssten sich die Bischöfe und Weihbischöfe mutig und verlässlich zu den einzelnen Beschlussvorlagen positionieren. "Das Kirchenvolk will endlich erste Reform-Taten sehen, keine vertröstenden Ankündigungen mehr hören." Anfang der Woche hatten sich 125 Haupt- und Ehrenamtliche der katholischen Kirche als nicht heterosexuell geoutet und Änderungen in der kirchlichen Sexualmoral gefordert. (mal/epd)