Altbischof Kamphaus: Zweites Vatikanum war "Befreiungsschlag"
Der Limburger Altbischof Franz Kamphaus hat am Mittwoch seinen 90. Geburtstag gefeiert. "Dass ich 90 Jahre alt werde, das habe ich mir nie ausgemalt", sagte Kamphaus dazu im Interview der in Freiburg erscheinenden Zeitschrift "Christ in der Gegenwart". Gott sei Dank könne er noch klar denken, und das trainiere er auch. "So habe ich mein Leben lang frei gepredigt. Das habe ich im Übrigen auch als Professor für Homiletik den Studierenden immer dringend nahegelegt. Wenn jemand nur etwas abliest, trägt er oder sie zum Niedergang der Verkündigung bei."
Als größte Veränderung in der Kirche in den vergangenen sechs Jahrzehnten seit seiner Priesterweihe sieht Kamphaus das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) an. "Als ich auf die Priesterweihe zuging, hieß der Papst ja noch Pius XII., unter dem nicht wenige eine bedrückende Enge in der Kirche wahrnahmen." Umso größer sei die Erleichterung gewesen, als im Oktober 1958 Johannes XXIII. gewählt wurde, auch wenn anfangs etliche Leute Zweifel ihm gegenüber gehabt hätten – "auch ich", so Kamphaus. Das Konzil sei dann aber ein "Befreiungsschlag" gewesen. "Beim Konzil wurden Fenster in viele Richtungen geöffnet: beim Gottesdienst, beim Verhältnis der Kirche zur 'Welt', zu den anderen Religionen", so Kamphaus. "Ich weiß noch, wie die Professoren in Münster sagten: 'Jetzt kann man wieder atmen'."
Kamphaus war von 1982 bis 2007 Bischof des Bistums Limburg. 1999 sorgte er für bundesweites Aufsehen, als er sich mit seiner Position zur Schwangerschaftskonfliktberatung zeitweise gegen den damaligen Papst Johannes Paul II. stellte.
Die meisten sagen "'Bischof', aber dann per Du"
Nach seiner Emeritierung zog sich Kamphaus in das Sankt Vincenzstift in Rüdesheim-Aulhausen zurück, wo er bis heute mit geistig behinderten und mehrfach eingeschränkten Menschen zusammen lebt. "Es ist erfrischend, wie mich die meisten anreden: zwar mit 'Bischof', aber dann per Du." Er habe dort gelernt, "dass Menschen mit Behinderung immer Vorrang haben sollten".
Zur Frage, was den Kern des Christlichen ausmache, bilanzierte Kamphaus: "Gott ist unser Zielpunkt." Natürlich sehe er "auch Jesus immer noch als entscheidenden Bezugspunkt: Er hat uns einen neuen, ganz eigenen Zugang zu Gott eröffnet". Aber vielleicht setze er – so Kamphaus – "inzwischen den Akzent ein wenig anders, wenn ich betone: Wir gehen auf Gott zu". Er selbst hoffe, "dass ich von Gott erwartet bin. Kurz und knapp: Ich bin erwartet".
Seinen 90. Geburtstag wollte Kamphaus "im ganz kleinen Kreis im Sankt Vincenzstift begehen", wie der Limburger Bistumssprecher Stephan Schnelle mitteilte. Offizielle Feierlichkeiten im Bistum werde es auf Kamphaus' Wunsch hin nicht geben. (tmg/KNA)