Bischof Genn: Brauchen neue Friedensbewegung in Ländern guten Willens
Angesichts des Krieges in der Ukraine appelliert der Münsteraner Bischof Felix Genn an Christinnen und Christen, ihre Stimme für den Frieden zu erheben. "Überlassen wir den Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit nicht nur den Politisch-Verantwortlichen", betonte der Bischof in seinem am Samstag veröffentlichten Hirtenbrief zum Beginn der Fastenzeit vor Ostern. "Wir brauchen eine neue Friedensbewegung in allen Ländern guten Willens, die den Despoten unserer Zeit deutlich macht: Nicht Gewalt, Krieg und Terror werden das letzte Wort haben, sondern Friedfertigkeit, Gerechtigkeit und Nächstenliebe", so Genn.
Der Münsteraner Bischof spricht sich für weiterhin eine "moralische Erneuerung" der Kirche aus. "Als Christinnen und Christen muss es uns um die Menschen gehen, nicht um die Institution Kirche und deren Glaubwürdigkeit." Nur eine glaubwürdige Kirche mit glaubwürdigen Verantwortungsträgern könne dazu beitragen, dass es in der Gesellschaft Gemeinsinn gebe.
Die Initiative #OutInChurch habe gezeigt, wie viele Menschen unter den Moralvorstellungen der Kirche gelitten hätten, so der Bischof. Die Botschaft "so, wie du bist, bist du nicht gut, nicht gut genug für die Kirche, für Gott" sei verletzend. Es dürfe keine Gruppe mehr geben, auf die mit dem "moralischen Finger" gezeigt werde.
Er habe keine Lösungsvorschläge
Im Januar hatten im Rahmen der Initiative 125 Kirchenmitarbeitende öffentlich erklärt, dass sie einer sexuellen Minderheit angehören. In der katholischen Kirche kann zum Beispiel eine homosexuelle Beziehung im Extremfall zur Kündigung führen. Auf #OutInChurch folgten viele Forderungen, diese Regel zu ändern.
Genn erklärte weiter, er habe für die Krise der katholischen Kirche keine Lösungsvorschläge. Er verwies jedoch auf den Reformprozess Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland. Einander zuzuhören, sich aufeinander einzulassen und miteinander zu sprechen, löse Blockaden und führe zusammen, so der Bischof.
Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche.
Welt brauche Jesus, den Friedensfürst
Auch der Passauer Bischof Stefan Oster hat die Gläubigen aufgerufen, nicht aufzuhören, den Frieden zu suchen und aus der Nähe zu Jesus zu leben. Er sei überzeugt, dass die Welt trotz aller Krise auch die Kirche brauche - "weil sie Jesus braucht, den Friedensfürst", schreibt er in seinem Hirtenwort. Der Frieden in Europa, den man in den vergangenen Jahren für so selbstverständlich gehalten habe, sei durch den Krieg in der Ukraine dahin, so Oster. Menschen litten und stürben tausendfach "für das eiskalte Kalkül der Mächtigen". In ganz Europa hätten die Menschen Angst, der Krieg könnte sich ausweiten. "Der Frieden, nach dem wir uns alle sehen, scheint weit weg zu sein." Doch es sei Jesus, der wirklich den Frieden schenke, erinnerte der Bischof und ermutigte: "Solidarisieren wir uns in einer friedlosen Welt mit den Opfern von Krieg und Verfolgung. Durch unser Beten und durch konkrete Zeichen von Solidarität, auch materiell."
In seinem Schreiben ging Oster auch auf die Krise in der Kirche ein. Diese habe viele Ursachen, aber das Bekanntwerden des sexuellen Missbrauchs und des Umgangs damit habe sie noch dramatisch verschärft. Die Tatsache, dass viele Menschen durch Vertreter der Kirche oft Unsägliches erlitten hätten, erfülle ihn mit Scham und Entsetzen. Junge Leute und auch Erwachsene hätten inzwischen oft keinen Zugang mehr zur Kirche. Wer noch dabei sei, schäme sich oft vor anderen, dies zu bekennen. Viele träten aus oder verabschiedeten sich innerlich.
Krisen in die Augen schauen
Er halte es für wichtig, schreibt der Bischof, dieser Wirklichkeit der Krisen in Kirche und Welt in die Augen zu schauen, "die Dinge deutlich zu benennen und konkrete Konsequenzen daraus zu ziehen". Was den Missbrauch betreffe, "wollen wir vor allem für die Betroffenen und zum Schutz unserer heutigen Kinder und Jugendlichen alles uns Mögliche wirklich auch tun". Viele Konsequenzen seien schon gezogen, aber vieles bleibe noch zu tun.
Was ihm aber angesichts von Krieg und Krisen immer neue Hoffnung gebe, sei, dass sich viele Menschen nach wie vor in der Kirche engagierten, führt Oster weiter aus. All das Gute, was in Gemeinden, Vereinen oder etwa bei der Caritas geschehe, sei aber noch nicht die Mitte. Diese sei Jesus. Er glaube, so der Bischof, dass ein Aspekt der Kirchenkrise auch damit zu tun habe, "dass es uns zu selten gelungen ist, auf diese Wirklichkeit des Friedens hinzuzeigen und selbst aus ihr zu leben". (cph/KNA)