Patriarch Kyrill glaube an "Verbindung von Thron und Altar"

Ökumeniker: Russisch-Orthodoxe aus Weltkirchenrat ausschließen

Veröffentlicht am 08.03.2022 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 

Prag ‐ Schon mehrfach wurde Patriarch Kyrill dazu aufgefordert, sich für den Frieden in der Ukraine einzusetzen. Bislang hat er das nicht getan. Ein bekannter Ökumeniker schlägt deshalb vor, Kyrills Kirche aus dem Weltkirchenrat auszuschließen.

  • Teilen:

Der bekannte tschechische Ökumeniker Pavel Cerny fordert angesichts der Haltung der russisch-orthodoxen Kirche zum Krieg gegen die Ukraine deren Ausschluss aus dem Weltkirchenrat (ÖRK). Die russische Orthodoxie sei wie in der Zeit des Kommunismus "in der Ökumene weiterhin sehr einflussreich", und man müsse ihr "oft nachgeben", so Cerny, der von 1997 bis 2005 Vize- sowie von 2005 bis 2009 Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Tschechien war.

Patriarch Kyrill I. glaube so wie Russlands Präsident Wladimir Putin an eine "abermalige Verbindung von Thron und Altar", erklärte der emeritierte Vorsitzende der Tschechischen Brüderkirche (Cirkev bratrska). Im russisch-ukrainischen Krieg zeige sich dieses "grauenhafte Bündnis in seiner ganzen Nacktheit".

Die russisch-orthodoxe Kirche wolle die ukrainisch-orthodoxe Kirche, deren Selbstständigkeit 2019 vom Ökumenischen Patriarchen anerkannt wurde, "wieder verschlingen", so Cerny weiter. Kyrill I. werde "von verschiedenen Seiten aufgefordert, gegen die aggressive Invasion russischer Truppen in der Ukraine aufzutreten". Bis dato habe er dies jedoch unterlassen und erwecke den Eindruck, "als Kirchenoberhaupt mit dem wahnsinnigen Präsidenten Putin übereinzustimmen".

Hilarion Alfejew
Bild: ©KNA (Archivbild)

Hilarion Alfejew ist russisch-orthodoxer Metropolit von Wolokolamsk und Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats.

In dieser Situation sei es "nicht möglich", dass die russisch-orthodoxe Kirche weiter Mitglied des Weltkirchenrates bleibt. "Schließt sie aus deren Strukturen aus!", so Cerny in seinem Aufruf an die vier im ÖRK vertretenen tschechischen Kirchen, darunter die evangelische Kirche der Böhmischen Brüder und die tschechoslowakische hussitische Kirche. Es sei "nötig, dass die orthodoxe Kirche in Russland eine Rückkoppelung erhält, damit sie aus einem falschen Traum erwachen kann und nicht dauerhaft eine Mitschuldige an der größten kriegerischen und humanitären Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg bleibt".

Schweizer Universität distanziert sich von Metropolit Hilarion

In der Einleitung zu seinem über das Portal www.christnet.eu publizierten Aufruf skizziert Czerny die systematische Unterwanderung des Weltkirchenrates durch den KGB. Der 1978 in Anwesenheit von Papst Johannes Paul I. gestorbene Erzbischof Nikodim sei einer der in den ÖRK eingeschleusten Spione gewesen. In Tschechien habe sich die von dem evangelischen Theologen Josef Lukl Hromadka (1889-1969) gegründete "Christliche Friedenskonferenz" zusammen mit der katholischen Bewegung "Pacem in terris" an der einseitigen Ausrichtung der ökumenischen Aktivitäten beteiligt.

Unterdessen distanzierte sich die Schweizer Universität Freiburg wegen des Kriegs in der Ukraine von Russlands kirchlichem Chefdiplomaten, Metropolit Hilarion Alfejew. In einer Erklärung schrieb der Dekan der Theologischen Fakultät, Mariano Delgado, er sei enttäuscht, dass der Metropolit "sich nicht imstande sieht, dem klaren Völkerrechtsbruch Russlands entgegenzutreten". Eine von der Universität 2011 verliehene Titularprofessur für Hilarion werde daher "bis auf weiteres suspendiert". Davon "unberührt" sei der Dank für die vergangene Zusammenarbeit.

Schon vor einigen Tagen hatte Delgado Hilarion aufgefordert, "die völkerrechtswidrige militärische Invasion Russlands in der Ukraine öffentlich und unmissverständlich zu verurteilen". Dies sei nicht geschehen. Der Metropolit, Leiter der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen des Moskauer Patriarchats, habe lediglich auf das humanitäre Engagement der russisch-orthodoxen Kirche verwiesen. Darum habe man sich zur Suspendierung entschlossen, so der Dekan. Er räumte ein, dass die Professur ohnehin seit geraumer Zeit ruhe. Schon vor der Corona-Pandemie habe es keine Lehraufträge mehr gegeben. (rom/KNA)