Langjähriger Dompropst traute seinen Augen nicht

Kölner Dom sorgt für Überraschung bei "Bares für Rares"

Veröffentlicht am 12.03.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ "Das müssen wir haben!" Norbert Feldhoff ist vor einigen Wochen von einem Moment auf den anderen wie elektrisiert. Der Prälat greift zum Telefon. Sekunden später ist Dombaumeister Peter Füssenich am Apparat. Staunend hört er zu, was Feldhoff erzählt.

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"Bei 'Bares für Rares', der Fernsehsendung mit Horst Lichter, ist gerade ein einzigartiges Teil vom Dom verkauft worden. Ich bin sprachlos. Fantastisch, wundervoll – das müssen wir für den Dom haben", schwärmt der langjährige Dompropst. Gerne schaue er sich nachmittags, wenn er die Zeit habe, die beliebte Sendung an, in der Menschen versuchen, Kunst, Kitsch und allerhand anderes an eine Riege Antiquitätenhändler zu verkaufen. Bevor aber der Handel beginnt, wird das Objekt unter der Moderation von Horst Lichter durch einen Experten begutachtet und der ungefähre Wert geschätzt. Mit diesem Votum geht der Kandidat dann in die Verhandlung.

An diesem Nachmittag steht ein junger Mann aus Berlin, der sich als Melchior vorstellt, vor Lichter und dem Kunsthändler Albert Maier, der das mitgebrachte Objekt erläutert und eine Prognose über den Wert abgibt. Kein Wunder, dass Feldhoff vor dem Bildschirm im heimischen Wohnzimmer sofort hoch konzentriert ist, als Maier mit den Ausführungen beginnt. Der Experte spricht von einem "einzigartigen Stück mit Museumscharakter".

Ein Stück vom Domkran

Was da auf dem Tisch liegt, ist ein etwa 30 Kilogramm schweres Stück Eichenholz, das von künstlerischer Hand aufwendig bearbeitet wurde. "Es handelt sich um eine Konsole, die wahrscheinlich als Aufstellungsort für eine Heiligenfigur diente. Die Schnitzerei ist im gotischen Stil und zeichnet sich durch eine exzellente Qualität aus. Die Eiche stammt von einem mächtigen Balken des 1868 abgebrochenen Domkrans, der mehr als 400 Jahre das Wahrzeichen der Stadt Köln war", erklärt Maier Melchior und dem staunenden Lichter.

"Neben den drei Wappen der Königshäuser von Preußen, Sachsen und Bayern, die im 19. Jahrhundert den Fortbau des Doms finanziell unterstützten, finden sich auf der Konsole Darstellungen des Doms aus der Zeit des Weiterbaus sowie eine Vision der vollendeten Kathedrale." Die Inschrift "Aus dem Holzwerk des 1868 abgebrochenen Domkranes, des 400-jährigen Wahrzeichens der Stadt Köln gefertigt" lässt keinen Zweifel an der Herkunft des Unikats.

Bild: ©Robert Boecker / Kölner Kirchenzeitung

Die Inschrift auf der historischen Konsole ist eindeutig.

Am 2. März 1868 beginnen die Handwerker der Dombauhütte mit dem Abbruch des alten Krans. Nach 400 Jahren steht das "Wunderwerk der Technik" dem Weiterbaus des Doms im Weg. "Unter dem weit tönenden Abschiedsgruß der beim Abbau beschäftigen Mannschaften und in Gegenwart einer großen Menschenmenge wird am 13. März, nachmittags um 15.15 Uhr, der letzte Balken niedergelassen", heißt es in einem zeitgenössischen Augenzeugenbericht.

Weil die Kölner aber so an ihrem Wahrzeichen hingen, wurden aus dem Holz der Balken Andenkenstücke gefertigt. Ob Kruzifixe, Stühle, Nachbildungen des Krans oder eben eine Konsole, der Fantasie waren damals wenige Grenzen gesetzt. Nicht viele Gegenstände aus dem "Kran-Holz" haben die unruhigen Zeiten des Krieges mit seinen Bombennächten überstanden. Um so größer die Freude, dass ein Stück wie die Konsole nahezu unbeschädigt erhalten blieb.

Auf die Frage, was er denn für die Konsole haben wolle, sagt Melchior, 500 Euro wären schon ein guter Preis. Da erhebt sich heftiger Widerspruch des Kunsthändlers: "2000 bis 3000 Euro sollte das Teil aber mindestens bringen." Mit diesem Votum geht der junge Mann in die Gespräche mit den Händlern. Er taktiert sehr geschickt und verkauft am Ende das historische Stück an eine Händlerin aus Bornheim für 4250 Euro.

Erwartungen übertroffen

Feldhoff und Füssenich sind sich einig: "Wir sollten uns bemühen, das Museumsstück für den Dom zu erwerben." Füssenich, der aus Bornheim stammt, kennt die Händlerin. Über die Dombauverwaltung wird der Kontakt zu der Frau aufgenommen. Man vereinbart einen Besichtigungstermin. Neben Feldhoff und Füssenich machen sich auch Hüttenmeister Uwe Schäfer und Dr. Klaus Hardering, der Leiter des Dombauarchivs, auf den Weg ins Vorgebirge. Als sie die Konsole mit eigenen Augen betrachten, sehen sie ihre Erwartungen übertroffen. Dass das Teil zum Dom kommen soll, steht für die Delegation fest.

Als Problem stellt sich der geforderte Kaufpreis dar: 10.000 Euro verlangt die Händlerin für die Konsole. Die Kölner erbitten Bedenkzeit – und machen sich auf die Suche nach einem Sponsor. Mit Erfolg: Ein Mitglied der Blauen Funken, das in Bornheim wohnt, finanziert den Kauf des Kunstwerks.

Seit wenigen Wochen ist die Konsole, an der nach den Worten von Uwe Schäfer ein Künstler mindestens vier Monate gearbeitet hat, in den Räumen des Dombauarchivs. Wo sie ihren endgültigen Platz finden soll, ist offen. Für Prälat Feldhoff ist dies keine Frage: "So ein tolles Stück gehört in die Schatzkammer, damit es dort von Besuchern bewundert werden kann." Man wird sehen.

Von Robert Boecker

Hinweis

Dieser Artikel erschien zuerst in der Kölner Kirchenzeitung.