Geistliches und Struktur untrennbar verbunden

Malteser-Sondergesandter verteidigt umfassende Reform des Ordens

Veröffentlicht am 11.03.2022 um 12:40 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Die Malteser sind im Völkerrecht souverän, als kirchlicher Orden dem Papst unterstellt – das betont der mit der Reform des Ordens betraute Kardinal Tomasi: Geistliches und Struktur lassen sich nicht trennen. In Gefahr sei die Souveränität nicht.

  • Teilen:

Der päpstliche Sondergesandte Kardinal Silvano Tomasi sieht durch die von Papst Franziskus angestoßene Reform des Malteserordens keine Gefahr für die völkerrechtliche Souveränität des Ordens. Im Interview mit dem US-amerikanischen Online-Portal "The Pillar" betonte Tomasi am Donnerstag, dass die Souveränität in den vorgeschlagenen Änderungen in den Ordensstatuten immer geschützt worden sei. Zugleich wies er aber auch darauf hin, dass bei den Maltesern als Orden die spirituelle Dimension nicht von der strukturellen getrennt werden könne. "Diese Korrekturen an der Leitung und der Organisation des Ordenslebens zielen darauf ab, den religiösen Charakter des Ordens wieder zu betonen, und es ist unvermeidlich, dass diese Korrekturen letztendlich und in gewisser Weise quer durch das gesamte Leben des Ordens gehen", so Tomasi.

Es gehe darum, das Gründungscharisma des Malteserordens zu bewahren. "Dies als etwas zu betrachten, das die Souveränität des Ordens berührt, hieße anzunehmen, dass das religiöse Wesen des Ordens nur eine Nebensache sei", so Tomasi weiter: "Es würde bedeuten, dass der Heilige Stuhl, wenn er das religiöse Wesen des Ordens bekräftigen will, dies tun kann, aber nicht das Leitungsprofil des Ordens berühren kann, weil dies seine Souveränität berühren würde." Die religiöse Essenz des Ordens müsse sein ganzes Leben durchdringen. Ein Eingriff in das eine sei nicht möglich, ohne auch das andere zu berühren. "Mit Blick auf den Heiligen Stuhl sollte daran erinnert werden, dass der Malteserorden als Ganzes ein religiöser Orden ist und als solcher nicht unabhängig vom Heiligen Vater, sondern organisch mit dem Heiligen Stuhl verbunden ist", so der Kardinal weiter.

Tomasi geht aufgrund dieser Verknüpfung davon aus, dass die Eingriffe des Heiligen Stuhls sich letztlich auch positiv auf die völkerrechtliche Stellung des Ordens auswirken werde. Nur aufgrund seines Gründungscharismas, an der Sendung der Kirche und der Verkündung des Evangeliums durch wohltätige Werke und humanitäre Hilfe teilzuhaben, sei die Souveränität des Ordens gesichert, der schließlich nicht wie souveräne Staaten über Staatsvolk und Staatsgebiet verfügt. Die Souveränität beziehe sich auch nur auf das Völkerrecht.

Souveränität schien durch Verfassungsentwürfe in Gefahr

Tomasi wurde Ende 2020 von Papst Franziskus zum Sonderbeauftragten für den Souveränen Malteserorden ernannt. Der Kardinal wurde im vergangenen Oktober mit zusätzlichen Befugnissen ausgestattet. Der langjährige Vatikan-Diplomat dürfe im Namen des Papstes "notfalls auch in Abweichung von der geltenden Verfassungscharta und dem Ordenskodex" Konflikte lösen, hatte Franziskus damals entschieden. Außerdem soll Tomasi über eine neue Verfassung und einen neuen Kodex entscheiden und die Gremien des Ordens im Einklang mit den neuen Rechtstexten reformieren. Im Interview betonte Tomasi nun, dass das Mandat des Sondergesandten von Anfang an umfassend gewesen sei. Anfang des Jahres wurden interne Verfassungsentwürfe bekannt, in denen die Souveränität des Ordens zunächst in Frage gestellt schienen. Ende Februar hatte Tomasi Papst Franziskus nach Beratungen mit Vertretern des Ordens Reformvorschläge unterbreitet.

Der Malteserorden geriet in den Jahren 2016 und 2017 in eine Verfassungskrise, nachdem der damals amtierende Großkanzler Albrecht Freiherr von Boeselager zeitweise abgesetzt wurde. Hintergrund waren Vorwürfe, dass im Zuge von Hilfseinsätzen auch Kondome verteilt wurden. Boeselager wurde 2017 von Papst Franziskus rehabilitiert, der Orden aber durch die Benennung zunächst von Erzbischof Giovanni Angelo Becciu und später Tomasi faktisch unter die Aufsicht des Vatikans gestellt.

Der 1099 gegründete Ritterorden genießt den Status eines souveränen Völkerrechtssubjekts. Neben dem Heiligen Stuhl und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz ist der Orden das einzige originäre nichtstaatliche Völkerrechtssubjekt. Auf Grundlage seiner völkerrechtlichen Anerkennung unterhält er diplomatische Beziehungen zu 112 Staaten, darunter Deutschland. (fxn)