Kardinal Marx entschuldigt sich für Diskriminierung Homosexueller
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat sich für die Diskriminierung Homosexueller durch die katholische Kirche entschuldigt. Er sei erschüttert, dass die Diskriminierung immer noch andauere, sagte Marx am Sonntagabend bei einer Festmesse zum 20-jährigen Bestehen von Queer-Gottesdiensten in München. Das englische Wort "queer" ist ein Sammelbegriff für sexuelle Minderheiten, unter denen Homosexuelle die größte Gruppe sind.
Als Bischof wolle er dafür einstehen, "dass wir Schritt für Schritt zu einer inklusiven Kirche werden", fügte Marx hinzu. Dabei gelte es auch diejenigen mitzunehmen, denen das schwerfalle. Die Predigt wurde mit Applaus quittiert. Bei dem Gottesdienst in der Kirche Sankt Paul unweit der Theresienwiese lag eine Regenbogenfahne auf den Altarstufen. Der Kardinal sagte, ihn hätten die Lebensgeschichten queerer Menschen tief berührt. "Wir müssen sehen, wie viele Verletzungen angerichtet wurden."
Jesus habe sich in seiner Predigt vom Reich Gottes intensiv mit denen auseinandergesetzt, "die definieren wollten, wer dazugehört und wer nicht", sagte Marx. Diese Predigt sei inklusiv und nicht ausschließend gewesen. In ihrem Kern gehe es um den Primat der Liebe. Alle zwischenmenschlichen Beziehungen müssten davon geprägt sein, dann könnten sie auch von Gott angenommen werden. Die Kirche stehe vor der Aufgabe, die Wahrheit über den Menschen tiefer zu verstehen.
Community dankt Marx
Zu Beginn des Gottesdienstes dankten mehrere Mitglieder der Queer-Community Marx für sein Kommen, darunter auch eine Transfrau, die als Mann geboren worden war und jahrelang als Mönch in einem Kloster gelebt hatte. Ein 88-Jähriger bekannte, er habe nicht mehr geglaubt, das noch erleben zu dürfen. Der Kardinal dankte seinerseits am Ende der Messfeier den am Queer-Gottesdienst seit Jahren Beteiligten "für ihre Geduld". Dabei räumte er ein, dass dieses Engagement zu Beginn seiner Amtszeit in München 2009 eher geduldet als offiziell wertgeschätzt wurde. "Das ist vorbei", versicherte Marx.
Beim Jubiläumsempfang im Pfarrsaal von Sankt Paul verwies Pastoralreferent Gerhard Wachinger auf die Anfänge im Jahr 2002. Die Queer-Gottesdienste seien das Werk Ehrenamtlicher, das Ordinariat sei nicht um Erlaubnis gefragt worden. "Wir haben uns selbst ermächtigt, vorzukommen in der Kirche." Der Leiter des Seelsorgeamtes habe später bestätigt, dass dieser Weg richtig gewesen sei. Der schwule Theologe Michael Brinkschröder sagte, viele queere Menschen hätten sich in den vergangenen Jahren von der Kirche abgewandt. Versöhnung sei eine langfristige Aufgabe und könne nur Erfolg haben, "wenn die Kirche das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung anerkennt". Die Anwesenheit des Kardinals beim Jubiläumsgottesdienst wertete er als "Zeichen der Versöhnung".
Marx sagte, er unterstütze die beim Reformprojekt Synodaler Weg von der Mehrheit angestrebte Neuakzentuierung der katholischen Sexuallehre. Zugleich prophezeite er darüber "heftigste Debatten", auch international. Der Kardinal zeigte sich überzeugt, dass der Ansatz einer Beziehungsethik richtig sei. Liebe, Verlässlichkeit und Treue könnten auch in nicht heterosexueller Form ihren Ausdruck finden. Das sei anspruchsvoll, damit werde keiner "laxen Moral" der Weg bereitet, so der Erzbischof. Zugleich versicherte Marx, dass entsprechende Beschlüsse beim Synodalen Weg, etwa zu Segensfeiern, in seinem Erzbistum umgesetzt würden. (KNA)
14.3., 11:05 Uhr: Ergänzt um weitere Details.