Kurienreform veröffentlicht: Papst ermöglicht Frauen in Leitungsämtern
Die neue Verfassung der römischen Kurie sollte nach Ostern kommen. Es seien noch nicht alle Übersetzungen fertig. Am Samstag wurde die Kurienreform dann überraschend doch veröffentlicht. Auf Italienisch, ohne Übersetzungen. Dass die meisten Reformen bekannt und schon in Kraft sind, hatte Franziskus zuletzt mehrfach gesagt. Gleichwohl bietet die Apostolische Konstitution "Praedicate evangelium" (Verkündet das Evangelium) einige wichtige Neuigkeiten: Kurienchefs können künftig auch Laien sein, ob Mann oder Frau. Eine Behörde leitet der Papst selbst. Und sein Sozialarbeiter wird aufgewertet. Spätestens mit 80 Jahren muss jeder Kuriale künftig in Rente gehen - mit Ausnahme des Papstes selbst.
Betroffen sind rund 2.500 Menschen; ein Großteil davon Kleriker, die in der Kurie und im Vatikanstaat arbeiten. Doch auch für die Weltkirche ändert sich einiges. So sollen künftig mehr Laien als besser ausgebildete Fachkräfte am zentralen Leitungsorgan der katholischen Kirche arbeiten. Zugleich soll die Kurie den Ortskirchen zuarbeiten, statt sich zwischen Papst und Bischöfe zu stellen.
Mit der neuen Verfassung relativiert Franziskus traditionelle Hierarchien zwischen den Behörden. Sie alle heißen nun "Dikasterium", nicht mehr "Kongregation" oder "Rat". Inwiefern die Reihenfolge ihrer Nennung bedeutsam wird, muss sich zeigen. Dass die neue Behörde für Evangelisierung an erster Stelle genannt wird, vor der altehrwürdigen Glaubenskongregation, ist ein Zeichen - zumal der Papst selbst sie leiten will.
Dass eine Kurienbehörde von einem Papst persönlich geleitet wird, ist nicht neu. Pius XII. (1939-1958) war über etliche Jahre sein eigener Kardinalstaatssekretär. Noch früher hatten Päpste auch die Glaubenskongregation, damals "Heilige Römische Inquisition", unter sich. Der Glaubenskongregation wird nun die päpstliche Kinderschutzkommission einverleibt; eine eigene Leitung soll sie indes behalten. Ob dies den kurialen Kampf gegen Missbrauch stärkt, steht dahin. Ihr bisheriger Chef, US-Kardinal Sean O'Malley, sieht darin eine Aufwertung der Missbrauchsbekämpfung.
Direkt nach der Glaubenskongregation folgt das "Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe". Damit steht - zumindest im Inhaltsverzeichnis - der päpstliche Sozialbeauftragte noch vor jenen Präfekten, die für Bischöfe, Orden, Klerus zuständig sind. In der Praxis muss das nicht viel heißen; gleichwohl ist es ein klares Signal an die traditionsbewusste Kurie.
Öffnung der Leitungsämter für Laien hatte sich angedeutet
Die nun offiziell festgelegte Öffnung höchster Kurienämter für Laien, hatte sich angedeutet. Seit 2018 leitet Paolo Ruffini als erster Laie eine Vatikanbehörde, jene für Kommunikation. Im Synoden- und im Staatssekretariat, in der Entwicklungsbehörde sowie im Governatorat des Vatikanstaates hatte Franziskus zuletzt mehrere Frauen in hohe Aufgaben berufen. Bald könnte die erste Präfektin folgen.
Wichtigste Aufgabe der ganzen Kirche ist laut Franziskus, den Menschen die christliche Botschaft nahezubringen. Diesem Ziel soll sich auch die Kurie unterordnen. Neben strukturellen Veränderungen will Franziskus der weltkirchlichen Zentralverwaltung einen neuen Teamgeist einflößen: missionarischer, vielfältiger, professioneller, synodaler und dienstleistungsbereiter für die Weltkirche soll sie werden. Und effektiver - nicht nur angesichts knapper Kassen.
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Was dem Papst vorschwebt, machte er schon früh durch seine teils berüchtigten Weihnachtsansprachen an die Kurie klar - etwa mit den "kurialen Krankheiten". Er meinte damit allerdings nicht nur die Kardinäle und Bischöfe direkt vor ihm, sondern jeden Katholiken. Eine Aufgabe des neuen, aufgewerteten Dikasteriums für Evangelisierung ist, bei allen Getauften Bewusstsein und Verantwortung zu einem missionarischen Leben zu fördern.
Der päpstliche Wurf bietet Chancen für eine neue Art kirchlicher Zentralverwaltung. Entscheidend aber ist - nach alter Trainerweisheit - "auf'm Platz". Wie werden die gesetzten Impulse umgesetzt? So sind wie bereits in der 1988 erlassenen Kurienverfassung "Pastor Bonus" von Johannes Paul II. wieder regelmäßige Treffen aller Kurienchefs vorgesehen - ähnlich den Kabinettssitzungen einer staatlichen Regierung. Ob die stattfinden, hängt vom Papst ab. Franziskus selbst pflegte diese Form kollegialer Verwaltung bislang so gut wie nicht.
Einige Erlasse wurden nachgebessert
Die neue Kurienverfassung, veröffentlicht am Tag des von Franziskus hoch geschätzten heiligen Josef, hat in den fast neun Jahren ihrer Entstehung etliche Bearbeitungsrunden hinter sich. Entwürfe gingen in jeweils mindestes zwei Runden an Bischofskonferenzen, Ordensleitungen, Kurienbehörden und Kirchenrechtler. Von handwerklichen Mängeln in Entwürfen war die Rede. Einige seiner bisherigen Erlasse musste Franziskus nachjustieren.
Bei der endgültigen Verfassung, die zu Pfingsten in Kraft tritt, sollte das nicht geschehen. Immerhin stellt sich Franziskus damit in eine Reihe früherer Kurienreformer: Sixtus V. (1588), Pius X. (1908), Paul VI. (1967) und Johannes Paul II. (1988). Allein daran zeigt sich: Der Reformbedarf der Weltkirchenzentrale hat sich in den vergangenen 100 Jahren deutlich beschleunigt. Das dürfte nicht nur für die Kurie gelten.