Kardinal und Erzbischof unter Erstunterzeichnern von Friedensappell

Missio und globale Partner: Kyrill muss sich für Kriegsende einsetzen

Veröffentlicht am 25.03.2022 um 10:10 Uhr – Lesedauer: 

Aachen ‐ Das Hilfswerk missio Aachen und seine Partner richten einen eindringlichen Appell an Patriarch Kyrill I.: Dieser soll Wladimir Putin auffordern, den Angriff auf die Ukraine zu stoppen. Dabei verweisen sie auch auf die globalen Folgen des Kriegs.

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Einen Monat nach Beginn der russischen Invasion fordern das katholische Hilfswerk missio Aachen und katholische Friedensaktivisten aus aller Welt die Russisch-Orthodoxe Kirche und deren Patriarch Kyrill I. auf, sich für ein Ende des Krieges einzusetzen. Im "Aachener Friedensappell", der am Donnerstag veröffentlich wurde, rufen sie Kyrill dazu auf, die russische Regierung und Präsident Wladimir Putin aufzufordern, alle militärischen Handlungen in der Ukraine sofort einzustellen. Zudem sollen humanitäre Hilfen für die Menschen in der Ukraine durch internationale Hilfsorganisationen garantiert und militärische Gewalt durch russisches Militär verhindert werden. Des Weiteren soll das russische Militär keine völkerrechtlich geächtete Munition einsetzen und Angriffe auf zivile Einrichtungen sofort stoppen. "Verlassen Sie nicht den Weg des Friedens, wie ihn uns allen Jesus Christus vorgelebt hat und von uns erwartet", so der Appell an den Patriarchen.

Weiter kritisieren missio und seine Partner, dass Kyrill die Rechtfertigung des militärischen Angriffs auf die Ukraine von Präsident Putin teile und als Grund für die Invasion eine angebliche kulturelle und militärische Bedrohung Russlands zitiere. "Sie sprechen von einer metaphysischen Bedeutung des Krieges. Wir meinen: Diese Ängste und metaphysischen Überlegungen rechtfertigen keinen einzigen Toten und kein einziges zerstörtes Gebäude in der Ukraine", heißt es. Außerdem erinnern die Unterzeichner des Appells an das fünfte Gebot, das für alle Christen gelte: "Du sollst nicht töten. Russische Christen dürfen nicht auf ukrainische Christen schießen und bomben." Der Krieg habe bereits zu weltweiter politischer Instabilität, steigenden Lebensmittelpreisen und Nahrungsmittelknappheit im globalen Süden geführt.

Konfliktlösung nur durch internationalen Dialog

Zu den Erstunterzeichnern des "Aachener Friedensappells gehören der Erzbischof des nigerianischen Abuja, Ignatius Kaigama, sowie Kardinal Louis Raphael Sako, Erzbischof von Bagdad im Irak und Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche. "Wir kennen bei uns in Afrika, dem Nahen Osten und Asien Hass, Gewalt und Krieg nur zu gut aus eigener leidvoller Erfahrung", schreiben die missio-Partner. Am Ende könne nur der regelbasierte internationale Dialog sowie die Bereitschaft zu Frieden und Versöhnung über ethnische und nationale Grenzen hinweg Konflikte lösen und die Menschen vor Tod und Zerstörung bewahren können.

Bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in Vierzehnheiligen hatten zuletzt auch die deutschen Bischöfe den russisch-orthodoxen Patriarchen dazu aufgerufen, sich vom Ukraine-Krieg zu distanzieren. Kyrill müsse ein klares Wort sprechen, hieß es in einer Erklärung. "Die Welt braucht das gemeinsame Zeugnis der Kirchen gerade in Zeiten der Not und der Verwerfungen. Dies sind auch Zeiten der Entscheidung." (mal)

Der Aachener Friedensappell an die Russisch-Orthodoxe Kirche im Wortlaut

Seine Heiligkeit, Kyrill I. Gundjajev, Patriarch von Moskau und ganz Russland,

als Christinnen und Christen, die weltweit über konfessionelle Grenzen hinweg in der Aufgabe der Verkündigung der Frohen Botschaft Jesu Christi von Gerechtigkeit und Frieden verbunden sind, beten wir für den Frieden in der Ukraine, für die von Tod und Zerstörung getroffenen Menschen in der Ukraine und für die Menschen in Russland.

Wir kennen bei uns in Afrika, dem Nahen Osten und Asien Hass, Gewalt und Krieg nur zu gut aus eigener leidvoller Erfahrung.

Wir wissen nur zu gut, dass letzten Endes allein der regelbasierte internationale Dialog sowie die Bereitschaft zu Frieden und Versöhnung über ethnische und nationale Grenzen hinweg Konflikte lösen und die Menschen vor Tod und Zerstörung bewahren können. Dieses Wissen um die Kraft des Friedens und des Dialoges leitet insbesondere uns Christen und Christinnen.

Wir nehmen zur Kenntnis, sehr geehrter Patriarch Kyrill I., dass Sie die Begründung der Regierung der Russischen Föderation unter Präsident Vladimir Putin für den militärischen Angriff auf die Ukraine, der das Völkerrecht verletzt, teilen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie diesen Angriff mit den Verweisen rechtfertigen, dass aus ihrer Sicht die kulturelle Integrität Russlands gefährdet und Russland militärisch bedroht sei. Sie sprechen von einer metaphysischen Bedeutung des Krieges.

Wir meinen: Diese Ängste und metaphysischen Überlegungen rechtfertigen keinen einzigen Toten und kein einziges zerstörtes Gebäude in der Ukraine.

Wir erinnern an das fünfte Gebot, das für alle Christen gilt: Du sollst nicht töten!

Wir meinen: Russische Christen dürfen nicht auf ukrainische Christen schießen und bomben. Die bestehenden Konflikte können nur in einem friedlichen gesellschaftlichen, ökumenischen und interreligiösen Dialog aufgearbeitet werden.

Bitte bedenken Sie zudem: Dieser Krieg hat auch gefährliche Folgen für die Bürgerinnen und Bürger in Afrika, dem Nahen Osten und Asien aufgrund der dadurch ausgelösten weltwirtschaftlichen Turbulenzen und einer destabilisierten internationalen Ordnung. Sie leiden jetzt schon unter stark gestiegenen Lebensmittelpreisen und Nahrungsmittelknappheit. Ihnen droht Hunger.

Deshalb bitten wir Sie aus ganzem Herzen in christlicher Verbundenheit:

  1. Setzen Sie sich bei der Regierung der Russischen Föderation und Präsident Vladimir Putin dafür ein, dass alle militärischen Handlungen durch die Streitkräfte der Russischen Föderation in der Ukraine sofort eingestellt werden und die Russische Föderation zu ernsthaften und belastbaren Verhandlungen mit der Regierung der Ukraine über einen gerechten Frieden zusammenkommt.
  2. Setzen Sie sich bei der Regierung der Russischen Föderation und Präsident Vladimir Putin dafür ein, dass humanitäre Hilfe für die Menschen in der Ukraine durch internationale Hilfsorganisationen möglich wird und diese Missionen vor militärischer Gewalt durch Streitkräfte der Russischen Föderation geschützt sind.  
  3. Setzen Sie sich bei der Regierung der Russischen Föderation und Präsident Vladimir Putin dafür ein, dass die Streitkräfte der Russischen Föderation keine völkerrechtlich geächtete Munition einsetzen und Angriffe auf zivile Einrichtungen gestoppt werden.
  4. Verlassen Sie nicht den Weg des Friedens, wie ihn uns allen Jesus Christus vorgelebt hat und von uns erwartet. Wir bleiben im Gebet für einen gerechten Frieden verbunden.

Diese Bitten äußern wir gemeinsam mit dem Internationalen Katholischen Missionswerk missio e.V. in Aachen / Deutschland.

Und nicht zuletzt appellieren wir an die Bürgerinnen und Bürger, Politikerinnen und Politiker in aller Welt: So wie die Ukraine brauchen so viele Konflikte und Kriege in Afrika, dem Nahen Osten und Asien eine friedliche Lösung. Vergessen Sie diese Konflikte und Kriege nicht!

Die Erst-Unterzeichnenden

Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von missio Aachen,

Dr. Gregor von Fürstenberg, Vize-Präsident von missio Aachen,

Johannes Seibel, Pressesprecher von missio Aachen,

Erzbischof Ignatius Kaigama (Abuja, Nigeria),

Kardinal Louis Raphael Sako (Erzbischof von Bagdad, Irak),

Thérèse Mema Mapenzi (Friedens- und Frauenaktivistin, Demokratischen Republik Kongo),

Erzbischof Bejoy N. D’Cruze OMI (Erzdiözese Dhaka, Bangladesh),

Ben Mendoza, (Programmdirektor Catholic Office for Emergency Relief and Refugees COERR, Thailand),

Bischof Bernard Paul D.D. (Präsident Caritas Malaysia),

Charles Bertille (Generalsekretär Caritas Malaysia),

John Kardinal Ribat MSC KBE (Erzbischof von Port Moresby, Papua-Neuguinea).