"Kölscher Kaviar" statt Currywurst
Den längsten Applaus gab es, als Dompropst Norbert Feldhoff verkündete, dass Woelki nun, nach der Übergabe der päpstlichen Ernennungsbulle an das Domkapitel, der neue Kölner Erzbischof sei und Gott ihn segnen möge. Als später Menschen aus allen Regionen des Erzbistums Gaben zum Altar brachten und an Woelki überreichten - darunter auch ein Fässchen Kölsch sowie Düsseldorfer Senf - gab es so viele Applausunterbrechungen, dass der liturgische Zeitplan endgültig aus dem Ruder lief.
Der im Kölner Stadtteil Mülheim geborene Woelki genoss sichtlich die warme Welle der Sympathie, die ihm als neuer Hirte seines Heimatbistums schon seit Wochen entgegenschlägt. Als Berliner Erzbischof wurden ihm in der Öffentlichkeit seine einfache Wohnung im Arbeiter-Kiez Wedding und seine Besuche an der Currywurstbude von nebenan zugutegehalten.
Bei einem Glas Kölsch gesichtet
In Köln setzte Woelki diese Linie fort mit einem emotionalen Heimatbesuch in dem Kleine-Leute-Viertel, aus dem er stammt. Und später mit einem Gang in eines der traditionellen Kölsch-Brauhäuser im Schatten des Doms, wo die Blutwurst als der "Kölsche Kaviar" auf der Speisekarte steht. Dort wurde er, unscheinbar und ohne offizielle Begleitung, am Vorabend seiner Amtsübernahme bei einem Glas Kölsch gesichtet.
Aber Woelki wäre nicht Woelki, wenn er bei der Pflege von Sentimentalität und Lokalkolorit stehen bliebe. Wie schon vor drei Jahren bei seinen ersten bischöflichen Predigten in Berlin setzte er auch bei seiner Einführungspredigt im überfüllten Kölner Dom unüberhörbare theologische und kirchenpolitische Akzente. Den Dank an seinen zu Tränen gerührten Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, verband er mit dem Hinweis, dass schon immer jeder Kölner Erzbischof das Erbe des christlichen Glaubens auf seine jeweils eigene Art weitergegeben habe.
Erinnerung an den legendären Kardinal Josef Frings
Was seine eigene Art als Kölner Erzbischof sein werde, deutete er an, indem er sich symbolisch in die Nachfolge des legendären Kölner Kardinals Josef Frings (1887-1978) stellte. Beim Gottesdienst hielt er den Fringsschen Bischofsstab in der Hand und stellte ihn auch in den Mittelpunkt seiner Predigt.
Mit dem Namen Frings verbinden die Menschen im Rheinland bis heute das Bild einer menschenfreundlichen und sozial engagierten Kirche. Frings leitete die Kölner Kirche durch die Notzeit der Kriegs- und Nachkriegsjahre und war beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) eine der treibenden Reformkräfte bei der Durchsetzung von mehr kollegialer Mitbestimmung in der Kirchenleitung.
Kardinal Marx hofft auf Unterstützung aus Köln
Zugleich erinnerte die Anwesenheit des Präfekten der Römischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, als Konzelebrant am Domaltar, daran, dass auch unter Woelki die Kirche von Köln eine "Tochter Roms" bleibt und dass "Kölsch-Katholisch" trotz mancher Eigenheiten keine eigene Konfession ist, sondern vor allem eine sympathische und flexible Variante desselben katholischen Glaubens darstellt, den Müller repräsentiert.
Einen Akzent besonderer Art setzte am Ende der Feier der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Münchens Kardinal Reinhard Marx. Unter dem Eindruck der gewaltigen Sympathiewelle für Woelki formulierte er den Wunsch, dass auch der neue Mann an der Spitze des großen und ehrwürdigen Kölner Erzbistums den Vorsitzenden der Bischofskonferenz unterstützen möge.
Für Kenner der jüngeren Kirchengeschichte war der Hinweis mehr als eine nette Floskel. Denn Köln und München, die beiden Kraftpole der katholischen Kirche in Deutschland, sind einander seit vielen Jahrzehnten in herzlicher Rivalität verbunden. Die Bischofskonferenz-Vorsitzenden stellten in der Vergangenheit mal München, mal Köln. Die beiden bislang letzten Vorsitzenden aus der Domstadt am Rhein waren Kardinal Frings (1945-1965) und Kardinal Joseph Höffner (1976-1987).
Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)