Missbrauch: EKD legt neues Modell zur Betroffenenbeteiligung fest
Nach dem Scheitern des ersten Betroffenenbeirats zur Aufklärung und Prävention sexualisierter Gewalt in den eigenen Reihen hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ein neues Modell zur Beteiligung von Missbrauchsopfern festgelegt. Wie die EKD am Montag in Hannover mitteilte, haben sich Kirchenvertreter, Betroffene und Experten am Wochenende auf ein "Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt" geeinigt, das zum zentralen Gremium für Aufarbeitung und Prävention innerhalb der EKD werden soll. Dies sei eine weitergehende Form der Beteiligung als bisher, erklärte der Sprecher des Beauftragtenrats für das Thema in der EKD, der Braunschweiger Bischof Christoph Meyns. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, sieht aber noch ungeklärte Fragen.
Im vergangenen Jahr hatte die EKD den ursprünglichen Betroffenenbeirat aufgelöst. Als Grund wurden Konflikte in dem Gremium angeführt. Betroffene wiederum kritisierten eine mangelnde Einbindung in Entscheidungen. Ziel des neuen Beteiligungsforums sei die verbindliche Mitwirkung von Betroffenen an Entscheidungen und Maßnahmen zum Schutz vor und zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt, erläuterte die Expertin Birgit Mangels-Voegt, von der nach Angaben der EKD der Vorschlag für das neue Modell der Beteiligung von Missbrauchsopfern stammt.
Dem Beteiligungsforum werden den Angaben zufolge Mitglieder des aufgelösten Betroffenenbeirats sowie Kirchenvertreterinnen und -vertreter angehören. Dazu gehören die Mitglieder des Beauftragtenrats, ein Gremium aus Geistlichen und Kirchenjuristen, das ursprünglich ein Gegenüber zum Betroffenenbeirat war. Dieses Gremium soll den Angaben zufolge neu strukturiert werden. Zum neuen Forum gehören zudem auch die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, der EKD-Bevollmächtigte Martin Dutzmann sowie Vertreter der Diakonie, der Landeskirchen und der zuständigen Fachstelle der EKD.
Detailfragen klären
Noch seien Detailfragen zu klären, bevor das Beteiligungsforum offiziell an den Start gehen kann, sagte ein EKD-Sprecher auf Nachfrage. Offen sei zudem auch noch, wie viele der früheren zwölf Mitglieder des Betroffenenbeirats im neuen Forum vertreten sein werden. An der Tagung am vergangenen Wochenende zur Neukonzeption hätten zwei Drittel der ursprünglichen Mitglieder teilgenommen, sagte der EKD-Sprecher. Zur Mitberatung des neuen Modells waren nach Angaben der Moderatorin Mangels-Voegt alle Mitglieder des früheren Betroffenenbeirats eingeladen.
Teile von ihnen begrüßten das neue Modell. Es sei ein "entscheidender Schritt zur angemessenen Beteiligung Betroffener" gemacht worden, sagte Nancy Janz, die dem ersten Betroffenenbeirat angehörte. Detlef Zander, der dort ebenfalls Mitglied war, erklärte, das neue Forum biete die Chance, den notwendigen Weg der EKD in der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt kritisch zu begleiten. Von anderen gab es aber auch Kritik. Die Betroffene Katharina Kracht, die ebenfalls dem Betroffenenbeirat angehörte, bemängelte, dass die EKD immer wieder versuche, "aus sich selbst heraus gelungene Aufarbeitung zu generieren". Das gehe in den meisten Fällen alles andere als gut.
Die neue Missbrauchsbeauftragte Claus erklärte, für sie sei das neue Modell "noch nicht zu greifen". "Es stellen sich mir aktuell verschiedene Fragen, etwa welche Mitwirkungs- und Gestaltungsrechte Betroffene über das Beteiligungsforum konkret erhalten und wie sie ihre Anliegen auch öffentlich sichtbar machen können – auch über die institutionelle Beteiligung hinaus", erläuterte sie. Sobald sie das Konzept näher kenne, werde sie den Prozess zu verbindlichen Strukturen der Aufarbeitung fortsetzen, ergänzte Klaus. Schon ihr Amtsvorgänger Johannes-Wilhelm Rörig hatte mit der EKD über eine Vereinbarung zu Standards bei der Aufarbeitung verhandelt. (epd)