Debatte um Abtreibungsgesetz: US-Bischöfe rufen zu Gebet auf
Die US-amerikanische Bischofskonferenz hat die sich abzeichnende Aufhebung des Grundsatzurteils "Roe v. Wade" zum Thema Abtreibung begrüßt und zum Gebet aufgerufen. Das Durchstechen des Entwurfs einer Urteilsbegründung des Obersten Gerichtshofs erinnere an die "dringende Notwendigkeit von Gebet und Handeln in diesem entscheidenden Moment in unserem Land", sagte der Vorsitzende des Pro-Life-Komitees der Bischofskonferenz, Baltimores Erzbischof William E. Lori, in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme. Alle, die auf eine offizielle Entscheidung des Gerichts warten, sollten ihr Gebet und ihr Fasten intensivieren, damit die Aufhebung des Grundsatzurteils herbeigeführt werde.
"Wir hoffen und beten für eine Änderung unserer Gesetze und sind bereit, allen schwangeren Frauen in Not in jeder unserer Gemeinden zu helfen", so Lori weiter. Der Erzbischof von Baltimore wies darauf hin, dass sich die US-Bischöfe verpflichtet hätten, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um Frauen und Paare zu begleiten, die vor einer unerwarteten oder schwierigen Schwangerschaft stehen. Ihnen würden in den ersten Jahren der Elternschaft durch zahlreiche Initiativen "liebevolle und mitfühlende Fürsorge" angeboten.
Grundsatzurteil "schlecht durchdacht"
Das Online-Portal Politico hatte am Montagabend (Ortszeit) unter Berufung auf einen durchgesickerten Entwurf der Urteilsbegründung exklusiv berichtet, dass sich das oberste US-Gericht, der Supreme Court, für eine Aufhebung des Grundsatzurteils zur Abtreibung entschieden habe. Es zitiert ausführlich aus dem knapp 100 Seiten umfassenden Entwurf von Richter Samuel Alito, der die Abtreibungsfrage "zurück an die gewählten Volksvertreter" verweisen möchte. "Roe war von Anfang an ungeheuerlich falsch", schreibt Alito, der dem Supreme Court seit 2006 angehört. Er hält das Grundsatzurteil von 1973 für "schlecht durchdacht". Es habe "ein Recht erfunden, das nirgends in der Verfassung erwähnt wird". Dem Entwurf haben sich laut "Politico" vier weitere Richter angeschlossen. Die offizielle Entscheidung wird für diesen Sommer erwartet.
Nach geltendem Recht sind in den USA Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Mutterleibs Privatsache. In den meisten Bundesstaaten ist Abtreibung nach der 22. oder 24. Woche verboten. Mehrere republikanisch regierte Staaten haben zuletzt Gesetze verabschiedet, die Schwangerschaftsabbrüche in einem viel früheren Stadium verbieten. Diese könnten unmittelbar in Kraft treten, falls der Supreme Court "Roe vs. Wade" zu Fall bringt.
Die Nachricht, dass das Gesetz offenbar gekippt werden soll, sorgte in den Vereinigten Staaten für unterschiedliche Reaktionen. Während Abtreibungsgegner auf eine Verschärfung der geltenden Rechtslage hoffen, organisieren Unterstützer eines straffreien Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen Massenproteste. (mal)