Deutsche Bischöfe überprüfen Zulassung Wiederverheirateter zu den Sakramenten

"Der Frage nicht ausweichen"

Veröffentlicht am 22.12.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Treffen sich regelmäßig im Frühjahr und Herbst zu ihrer Vollversammlung: Die deutschen Bischöfe.
Bild: © KNA
Wiederverheiratete

Bonn ‐ Die deutschen Bischöfe wollen sich weiter intensiv mit einer möglichen Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten befassen. Das teilte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, am Montag in Bonn mit. Zuvor hatte sich eine Arbeitsgruppe der DBK mit dem Thema wiederverheiratete Geschiedene auseinandergesetzt und anschließend auch der Ständige Rat darüber beraten.

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Die Beratungsergebnisse sind Teil einer jetzt erschienen Arbeitshilfe. "Die Suche nach einer theologisch verantwortbaren und pastoral angemessenen Begleitung von Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, gehört weltweit zu den drängenden Herausforderungen der Ehe- und Familienpastoral im Kontext der Evangelisierung", sagte Marx. Denn die zivile Scheidung und Wiederheirat leite oft einen Prozess der Distanzierung von der Kirche ein oder vergrößere die bereits bestehende Distanz zur Kirche. Nicht selten führe diese Entwicklung auch zu einer Abkehr vom christlichen Glauben

"Die Deutsche Bischofskonferenz will deshalb die pastorale Begleitung von Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die eine neue Verbindung eingegangen sind, intensivieren", so der Erzbischof von München und Freising. Wie alle Gläubigen müssten auch sie die Kirche als Heimat erfahren und aktiv an ihrem Leben teilnehmen können. "Eine an diesen Grundsätzen orientierte Pastoral kann der Frage nach einer möglichen Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur sakramentalen Kommunion nicht ausweichen", sagte Marx. Deshalb habe die DBK mit großer Mehrheit diese Überlegungen verabschiedet, die sich ausführlich mit den theologischen Fragen einer Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu Buße und Kommunion befassen.

Bild: ©KNA

Rund 190 Kardinäle und Bischöfe aus der ganzen Welt und Papst Franziskus sitzen in der Synodenaula des Vatikan bei der Familiensynode im Oktober 2014.

Botschaft Jesu neu spürbar machen

"Aus der Sicht der deutschen Bischöfe wäre es nicht richtig, unterschiedslos alle Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, zu den Sakramenten zuzulassen", betonte Marx jedoch auch. Aufgrund ihrer pastoralen Erfahrungen und auf der Grundlage ihres theologischen Nachdenkens plädierten sie vielmehr für differenzierte Lösungen, die dem Einzelfall gerecht würden und unter bestimmten Bedingungen eine Zulassung zu den Sakramenten ermöglichten. "Die pastorale Sorge für Ehe und Familie verdient, mit Engagement neu angegangen zu werden, so dass die menschenfreundliche Botschaft Jesu spürbar wird", fasst Marx zusammen.

Neben den Antworten der Deutschen Bischofskonferenz auf den Fragebogen des Synodensekretariats vom Oktober 2013 werden in der Arbeitshilfe erstmals die Vorarbeiten einer Arbeitsgruppe der Bischofskonferenz zu Fragen der theologisch verantwortbaren und pastoral angemessenen Wege zur Begleitung wiederverheiratet Geschiedener aufgegriffen, die abschließend im Ständigen Rat am 23. Juni 2014 beraten wurden.

„Aus der Sicht der deutschen Bischöfe wäre es nicht richtig, unterschiedslos alle Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, zu den Sakramenten zuzulassen.“

—  Zitat: Kardinal Reinhars Marx

Darin zeigen die Bischöfe auf, dass bereits im Verlauf des Gesprächsprozesses "Im Heute glauben" immer wieder auf die Notwendigkeit einer erneuerten Ehe- und Familienpastoral hingewiesen wurde. So empfänden viele – nicht nur die Betroffenen selbst – den pastoralen Umgang mit wiederverheiratet Geschiedenen als unbarmherzig. Gleichzeitig betonen die Oberhirten in dem Dokument aber auch, dass eine Pastoral für wiederverheiratete Geschiedene das Zeugnis der Kirche für die Unauföslichkeit der Ehe "nicht verdunkeln" dürfe.

Die Dokumentensammlung der DBK trägt – wie die vergangene Bischofssynode – den Titel "Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung". Sie enthält Wortbeiträge von Papst Franziskus während der Synode und erstmals in deutsche Sprache übersetzte Texte der Beratungen. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeitshilfe sei die "Schlussrelatio" der Synodenväter, die ein Teil des Vorbereitungsdokumentes für die Bischofssynode im Jahr 2015 darstellten, heißt es in der Pressemitteilung. Bewusst habe man für die Arbeitshilfe auch Texte gesammelt, die mit der zurückliegenden Bischofssynode zu tun hätten.

Von Björn Odendahl und Sophia Michalzik

Überlegungen der Bischöfe

Neben Texten zur Familiensynode und den Antworten auf den Fragebogen des Vatikans haben die Bischöfe in ihrer Arbeitshilfe auch Texte veröffentlicht, in denen sich eine Arbeitsgruppe der Bischofskonferenz mit Fragen der theologisch verantwortbaren und pastoral angemessenen Wege zur Begleitung wiederverheirateter Geschiedener beschäftigt hat. Katholisch.de hat eine Auswahl von Zitaten aus dem Dokument zusammengestellt. "Die pastoralen Regelungen im Umgang mit dieser Personengruppe (wiederverheiratete Geschiedene, Anm.d.Red.) werden (…) nicht nur von den Betroffenen selbst, sondern auch von vielen Katholiken, die in einer gelingenden Ehe leben, nicht verstanden und als unbarmherzig gewertet. Dies gilt insbesondere für den Ausschluss vom Sakrament der Buße und von der Kommunion." "Die Liebe der Ehepartner wird gleichsam in die Liebe Christi zu seiner Kirche hineingenommen. Deshalb besteht der Ehebund oder das Eheband auch dann, wenn die Liebe der beiden Partner in eine Krise geraten oder gar zerbrochen ist." "Die kirchliche Lehre und Pastoral stellt hohe moralische und spirituelle Anforderungen, denen die meisten zivil geschiedenen und wiederverheirateten Gläubigen, aber auch manch kirchlich Verheiratete nicht gerecht werden." "Aus Sicht der Mehrheit der deutschen Bischöfe sind die gegenwärtigen Richtlinien zum pastoralen Umgang mit zivil geschiedenen und wiederverheirateten Gläubigen problembehaftet und stellen diese sowie ihre Seelsorger vor kaum zu überwindende Schwierigkeiten." "Die Eucharistie ist, obwohl sie die Fülle des sakramentalen Lebens darstellt, nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen." "Es wäre sicher falsch, unterschiedslos alle Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, zu den Sakramenten zuzulassen. Erforderlich sind vielmehr differenzierte Lösungen, die dem Einzelfall gerecht werden und dann zum Tragen kommen,wenn die Ehe nicht annuliert werden kann." (som)

Zum Dokument

Die Arbeitshilfe, "Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung. Texte zur Bischofssynode 2014 und Dokumente der Deutschen Bischofskonferenz", ist ab sofort abrufbereit und kann auch als Broschüre (194 Seiten) bestellt werden.

Zur Broschüre

Reaktionen: ZdK begrüßt Veröffentlichung der Arbeitshilfe

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hat die Veröffentlichung der Arbeitshilfe der Deutschen Bischofskonferenz begrüßt. Der Umgang mit wiederverheiratet Geschiedenen sei eines der wichtigsten Themen des Dialogprozess innerhalb der katholischen Kirche, erklärte ZdK-Präsident Alois Glück. Das ZdK werde sich im Hinblick auf die Weltbischofssynode 2015 dafür einsetzen, dass bei Wiederverheirateten Geschiedenen "für eine Zulassung zu den Sakramenten ein Weg gefunden wird, der verantwortbare und verantwortete Einzelfalllösungen möglich macht", so Glück weiter. „Das Referat von Kardinal Kasper hat nach unserer Überzeugung hierzu die richtigen Hinweise gegeben“.

Glück wertete die Veröffentlichung des Papiers außerdem als wichtigen Impuls für den weiteren Dialog innerhalb der Kirche in Deutschland. "Wir betrachten die Tatsache dieser Veröffentlichung auch als eine wirkliche Frucht des Dialogprozesses und ein Zeichen des gewachsenen Vertrauens. Die Veröffentlichung stellt ein kommunikatives Angebot dar, das die Lesenden als mündige und verantwortliche Gesprächspartner ernst nimmt", so Glück. (gho)