Themenwoche "Panik __amp__ Religion" im Freiburger Staatstheater

Das Zachäus-Prinzip

Veröffentlicht am 14.05.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Theater

Freiburg ‐ Zwischen der neuen Feuerwache der Stadt Freiburg und den 100 Jahre alten Häusern der Gartenstadt im Stadtteil Haslach sollten eigentlich schon längst Wohnungen gebaut werden. Doch weil der Baubeginn immer wieder verschoben wird, ist hier inzwischen ein Treffpunkt anderer Art entstanden: Christen, Juden und Muslime sprechen zwischen Bäumen, Kleeblättern und Disteln auf der wild wachsenden Wiese über ihren Glauben.

  • Teilen:

Das Theater Freiburg hat junge Gläubige zusammengebracht und aus ihren Erzählungen ein Dokumentarstück gemacht. Ab dem 14. Mai tragen sie ihre Glaubensbekenntnisse auf dem Gutleutmatten-Areal vor.

Mit einer Themenwoche widmen sich die Freiburger Theatermacher der Religion und ihrer Rolle in der Gesellschaft. Neben dem Dokumentarstück " Ich glaub schon " werden in den kommenden Tagen auch das Schauspiel zum Roman " Daniel Stein " der russischen Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja und das Bollywood-Musical " Gottes kleiner Krieger " erstmalig in Freiburg aufgeführt. Während sich das Musical nach dem Buch des indischen Autors Kiran Nagarkar dem religiös motiviertem Terrorismus mit einer fiktiven Erzählung nähert, liegt der Geschichte des Daniel Stein das Leben des Holocaust-Überlebenden und späteren Karmelitermönchs Oswald Rufeisen zugrunde.

Vorbild Zachäus

Christian Mario Hess legt seinem Glaubensbekenntnis für das Stück „Ich glaub schon“ die biblische Zachäus-Geschichte zugrunde: "Zachäus war ein Zweifler und das passt zu meinem Berufungsweg", sagt der angehende Priester, der im Sommer zum Diakon geweiht wird. Während der vergangenen Vorbereitungszeit auf die Weihe habe er selbst immer wieder seine Lebensrealität hinterfragt und ist sich der Alternativen für seinen Lebensweg bewusst geworden: "Ich könnte auch mit einer Familie auf dem Bauernhof meiner Großeltern leben", sagt Hess, der sich nun ganz bewusst für den Priesterberuf entschieden hat und darüber vor dem Theaterpublikum sprechen möchte: "Ich erzähle meine Liebesgeschichte mit Gott."

Auch Johannes Veith erzählt eine Liebesgeschichte, wenn er über seinen Glauben spricht. Doch es ist auch die Geschichte über die Liebe zu seiner Freundin und seinem Auszug aus dem Priesterseminar, die er dem Theaterpublikum vorträgt. Beide Glaubensbekenntnisse, wie der Untertitel des Dokumentarstücks die Erzählungen der katholischen, muslimischen und jüdischen Darsteller nennt, sind Abbilder von Veränderungsprozessen. Für die Freiburger Dramaturgin Ruth Feindel ist dies besonders wichtig: "In einer säkularen Welt haben viele Menschen ein diffuses Verhältnis zum Glauben, weil sie sich gar nicht damit auseinandersetzen. Glaube ist aber ein Prozess", sagt Feindel, die zusammen mit Regisseurin Christine Umpfenbach und Autor Paul Brodowsky das Dokumentarstück entwickelt hat.

Reizthemen ausgeblendet

Nur am Rande beschäftigt sich das Dokumentarstück mit Traditionen, Ritualen und bestimmten Glaubensinhalten: "Die typischen Reizthemen der Kirche kommen nicht vor, sondern es geht immer um den Glauben und mich", sagt der werdende Diakon Christian Mario Hess und betont: "Immer bei ganz großem Respekt vor der Person." Johannes Veith begeistert dabei vor allem die die Möglichkeit, "ungezwungen über den Glauben zu reden - was mich motiviert und was das für mein Leben bedeutet". Zusammen mit muslimischen und jüdischen Gläubigen nutzen Veith und Hess acht Mal diese Möglichkeit und sprechen unter freiem Himmel in Freiburg über ihren eigenen Glauben.

Von Benedikt Plesker