Baumeister und Meisterbauten
Kein leichter Stoff, den die von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) veranstalteten Werkstattgespräche jetzt in Maria Laach aufgriffen.
Rund 50 Wissenschaftler, Künstler, Architekten und Raumplaner folgten der Einladung, unter dem Titel "LEIB - RAUM - KIRCHE. Über profane und sakrale Räumlichkeit" über die Konzeption öffentlicher und sakraler Räume nachzudenken. Die Kulisse passte: Die über 900 Jahre alte Benediktinerabtei von Maria Laach ist ein Juwel romanischer Baukunst - und vermittelt zugleich eine Ahnung davon, wie zeitlos schöne Raumgestaltung aussehen kann.
Für den Münsteraner Wahrnehmungspsychologen und Spieleautor Max J. Kobbert hat das seine Gründe. Mit ihren Bögen und Kuppeln greife die Basilika eine menschliche Urerfahrung auf: die Wahrnehmung des Horizonts als eine flache Schale oder des nächtlichen Firmaments als von Sternen übersätes Halbrund.
Die Idee hinter der Fassade
Kobbert spricht von einer "Architektur der Geborgenheit". Im Gegensatz dazu etwa stehe die nachfolgende Gotik für ein Streben "von unten nach oben". Womit das erste Dilemma in Umrissen sichtbar wird: "Die" allgemein gültigen Blaupausen für gelungenes Bauen gibt es nicht. Denn nicht nur der aus dem Rheinland stammende Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann, der ebenfalls an den Werkstattgesprächen teilnahm, würde wohl entschieden widersprechen, spielte man die romanische Abteianlage in der Eifel gegen den gotischen Kölner Dom aus.
Über Wohl und Wehe mitentscheidend ist die Idee, die hinter der Fassade steckt. Die lichten Höhen und weiten Hallen, die den Besucher des Kölner Doms in staunende Ehrfurcht versetzen, wirken in anderen Zusammenhängen einschüchternd und abweisend. Eingangshallen von Grandhotels wie dem Adlon in Berlin verstehen sich, teilweise mit ganz ähnlichen Stilmitteln, durchaus bewusst als eine Art Barriere, erläutert die Hamburger Wohn- und Mobilitätsforscherin Antje Flade.
Die Betreiber solcher Luxusabsteigen machten sich dabei die Erkenntnis zunutze, dass Räume "oft nicht nur sachlich-rational wahrgenommen werden hinsichtlich ihrer Funktion, sondern auch über Gefühle".
Mit den Gefühlen ist das allerdings so eine Sache. Das zeigt ein Blick auf das Projekt auf dem Limburger Domberg, dem das renommierte "art-Magazin" eine gelungene Versöhnung der "Funktionsmoderne" mit dem Denkmalschutz bescheinigt.
Viele Kritiker von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst sehen in dem Ensemble aus alten und neuen Bauten mit der dunklen Schieferkappelle als Blickfang lediglich ein schwarzes Loch, in dem Millionen Euro verschwanden. Dabei täte ein unvoreingenommener städteplanerischer Blick Not. Denn bei vielen Menschen regt sich Unbehagen angesichts immer gleicher Shopping-Malls und gesichtsloser Bürowürfel in deutschen Innenstädten.
1.000 Jahre Bauerfahrung
So antwortete der Schauspieler Götz George unlängst auf die Frage, ob er sich bei einem Schimanski-Dreh in Duisburg noch zuhause fühle: "Nein. Immer wenn ich da wieder auftauche, fragt mich der Bürgermeister: Na, ist unsere Stadt nicht schön geworden? Aber Duisburg ist inzwischen von keiner anderen deutschen Stadt mehr zu unterscheiden, es sieht aus wie in Köln oder Düsseldorf."
Dabei, so formulierte es der Bischofskonferenz-Vorsitzende Erzbischof Robert Zollitsch zu Beginn des Treffens in Maria Laach, wachse in einer globalisierten Welt die Sehnsucht nach Heimat und Geborgenheit.
Die Werkstattgespräche wollten eine Brücke bauen zwischen sakraler und öffentlicher Architektur. Von der Kirche könne man schließlich einiges lernen, ergänzt Jakob Johannes Koch, Kulturreferent der Bischofskonferenz, mit dem Kloster Maria Laach im Rücken. "Da gibt es beim Bauen schließlich eine Expertise von weit über 1.000 Jahren."
Von Joachim Heinz (KNA)