Bätzing würdigt Leben und Wirken der heiligen Hildegard von Bingen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat zu Pfingsten das Leben und Wirken der heiligen Hildegard von Bingen gewürdigt. "Hildegard von Bingen, eine Prophetin im Dienst der Kirche. Mehr als 850 Jahre trennen uns von ihr. Aber sie hat nicht aufgehört zu wirken und Menschen innerhalb wie außerhalb der Kirche zu inspirieren", sagte Bätzing am Sonntag in seiner Predigt im Pfingstgottesdienst im Limburger Dom. Nach wie vor sei die Heilige, die 2012 von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) zur Kirchenlehrerin erhoben wurde, eine Zeitgenossin – "und das bewirkt Gottes guter Geist, für den Zeiten und Räume, Unterschiede in Gedanken, Kulturen, Sprachen und Prägungen kein Hindernis darstellen, Brücken zu schlagen und Verbindungen zu schaffen", so Bätzing. Seit Pfingsten erweise der Geist Jesu diese einende und verbindende Kraft.
"Eine ganz und gar außergewöhnliche Gestalt"
Zum Wirken Hildegards gebe es bis heute viele Anknüpfungspunkte, betonte der Limburger Bischof und nannte unter anderem die Bewahrung der Schöpfung, das Auftreten gegenüber Mächtigen in Kirche und Politik und den Ansporn für Frauen im Ringen um Anerkennung ihrer Charismen und ebenbürtigen Rolle in Kirche und Gesellschaft. "Es ist für mich ganz erstaunlich, wie viele Themen, die Hildegard bewegt und vorangetrieben hat, uns heute beschäftigen und in kreative Unruhe versetzen", so Bätzing weiter. Hildegard inspiriere, weil sie selber inspiriert – also vom Geist Gottes bewegt – gelebt und gehandelt habe. "Freilich ist sie nicht einfach eine von uns. Der Wandel der Zeiten, der Gedankenwelt sowie der sozialen und kirchlichen Lebensverhältnisse ist doch enorm", sagte der Bischof. Man dürfe die Heilige nicht einfach für heutige Aufgaben und Anliegen vereinnahmen.
"Hildegard von Bingen ist eine ganz und gar außergewöhnliche Gestalt. Kaum vergleichbar mit anderen leuchtet diese Frau aus dem Mittelalter zu uns herüber", betonte Bätzing. Dabei sei sie keineswegs unerschütterlich gewesen. Ihre Stärke habe auch im Mut zur Schwachheit gelegen. Immer wieder habe sie von Krankheit und Leiden berichtet – aber genau das mache sie so sympathisch und glaubwürdig, denn sie habe ganz auf Gott und seine Kraft vertraut. Sich dem Atem Gottes anzuvertrauen, darauf angewiesen zu sein, dass Gott einen bewege, dies sei nicht Schwäche, sondern die eigentliche Stärke der christlichen Existenz. "Und in diesem Sinn dürfen wir heute wohl sagen: Pfingsten ist der Tag des christlichen Selbstbewusstseins – oder besser noch des gesunden christlichen Ich-Bewusstseins", so der Vorsitzende der Bischofskonferenz.
Die "Posaune Gottes"
Hildegard von Bingen war eine der bedeutendsten Frauen des Mittelalters. Ihr genaues Geburtsdatum ist nicht überliefert; doch geht die Forschung davon aus, dass sie 1098 im rheinhessischen Bermersheim zu Welt kam. Schon im Alter von acht Jahren übergaben ihre Eltern die Tochter zur Erziehung an Jutta von Sponheim, die sich bei der Abtei Disibodenberg in der Rheinpfalz niedergelassen hatte. Nach dem Tod ihrer Lehrerin übernahm Hildegard die Leitung. Um 1150 verlegte sie die Gemeinschaft in ein neues Kloster bei Bingen.
Die Ordensfrau war eine Visionärin und Prophetin und bezeichnete sich selbst als "Posaune Gottes". Kirchenleute und weltliche Herrscher schätzten ihren Rat. Zu ihrer Hinterlassenschaft gehören ein umfangreiches visionäres Schrifttum, darunter das Werk "Liber Scivias" ("Wisse die Wege"), viele Briefe, natur- und heilkundliche Schriften und auch Kompositionen. Als eine weitere Gründung von ihr gilt das Kloster Eibingen, das 1814 im Zuge der Säkularisation aufgehoben wurde. Hildegard starb am 17. September 1179, der in der katholischen Kirche auch ihr Festtag ist. Begraben wurde die Ordensfrau in der Pfarrkirche in Rüdesheim-Eibingen. (stz)