Nadine Mersch über die Beteiligung von Laien bei der Bischofswahl im Erzbistum

Paderborner Laienvertreterin: Bischofswahl befolgt Synodalen Weg nicht

Veröffentlicht am 24.06.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Paderborn ‐ Auch Laien sollen bei der Wahl des Paderborner Erzbischofs mitwirken – doch waren an der Ausarbeitung des Verfahrens nicht beteiligt, kritisiert Nadine Mersch, die Vorsitzende des Diözesankomitees im Erzbistum. Dies entspreche nicht dem synodalen Miteinander, sagt sie im katholisch.de-Interview.

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Nadine Mersch ist Vorsitzende des Diözesankomitees im Erzbistum Paderborn. Zusammen mit dem Vorsitzenden Jan Hilkenbach bildet sie die Doppelspitze dieses obersten Laiengremiums. Im katholisch.de-Interview spricht sie über die bevorstehende Wahl des Nachfolgers von Erzbischof Hans-Josef Becker und darüber, wie zuversichtlich sie ist, dass es auch eine Zustimmung aus dem Vatikan gibt.

Frage: Frau Mersch, wie bewerten Sie das Vorgehen im Erzbistum Paderborn?

Mersch: Es ist gut, dass sich das Metropolitankapitel – wie es bereits angekündigt hat – mit den Möglichkeiten einer besseren Beteiligung aller Gläubigen an der Bestellung des künftigen Diözesanbischofs beschäftigt hat. Allerdings entsprechen die Art und Weise, wie das nun veröffentlichte Verfahren entstanden ist, nicht dem mittlerweile eingeübten synodalen Miteinander.

Frage: Inwiefern?

Mersch: Trotz einer gewissen zeitlichen Enge wäre das Ergebnis sicher partizipativer gewesen, wenn die bereits bestehenden Gremien des Erzbistums bei der Erarbeitung einbezogen worden wären.

Laien-Beteiligung an Bischofswahl: Warten statt schneller Reform

Es war der erste Handlungstext, der vom Synodalen Weg beschlossen wurde: das Papier "Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs". Einige Monate ist der Beschluss nun her – viel getan hat sich in dieser Zeit bei der Umsetzung des Beschlusses jedoch nicht.

Frage: Als Laienvertretungsgremium waren Sie an der Ausarbeitung des Verfahrens, wie die Wahl des kommenden Erzbischofs gestaltet werden soll, also nicht beteiligt?

Mersch: Nein, wir waren nicht eingebunden. Das Ganze basiert auf einem Entschluss des Metropolitankapitels. Das ist mir gänzlich unverständlich, denn das Verfahren wird dem entsprechenden Beschluss des Synodalen Wegs nicht gerecht. Natürlich ist uns bewusst, dass es einen "Synodalen Rat", wie ihn der Synodale Weg vorsieht, auf Diözesanebene noch nicht gibt. Aber was will der Synodale Weg mit dem Beschluss zur Bischofsbestellung sagen? Dass ein synodales Gremium, eine Gruppe von Klerikern und Laienvertreterinnen und -vertretern diesen Weg überlegen sollen. Zumal es mit dem Diözesanpastoralrat auch ein anderes tolles Gremium gegeben hätte, das aus Personen aus dem Diözesankomitee und Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindereferentinnen, der Ständigen Diakone und des Priesterrats besteht und mit dem man sich auch ein Vorgehen hätte überlegen können.

Frage: Wie hätte Ihrer Meinung nach das Verfahren denn besser laufen können?

Mersch: Der Handlungstext des Synodalen Wegs sieht vor, dass ein synodales Gremium mit dem Metropolitankapitel das Verfahren festlegt. Ich finde es gut, dass das Metropolitankapitel die gesamte Breite der Pfarreien einbinden möchte. Ich würde noch hinzulegen, dass man auch die Breite der Verbände einbeziehen müsste. Da hätte ich es klug gefunden, Vertreterinnen und Vertreter aus dem Diözesankomitee zu nehmen, weil die auf Grundlage demokratischer Verfahren von allen Pfarrgemeinderäten gewählt worden sind – und alle Gläubigen können den Pfarrgemeinderat wählen. Das sind also Personen, die in der Fläche aktiv und engagiert sind. Und zum anderen hätte man unbedingt irgendeine Quotierung von Geschlechtern und Generationen einbringen müssen. Auch das steht im beschlossenen Handlungstext des Synodalen Wegs – und es liegt auf der Hand. Dass jetzt Laien benannt und durch ein Losverfahren ausgewählt werden sollen, sehe ich nicht als echte Partizipation.

Frage: Ein Knackpunkt wird auch die anschließende Wahl sein, nachdem die Kandidatenliste vom Papst zurückgeschickt wurde. Diese Wahl ist mit dem päpstlichen Geheimnis verbunden, das der Apostolische Stuhl auf eine größere Gruppe ausdehnen müsste. Wie zuversichtlich sind Sie, dass da Laien bei der Wahl von dieser Liste mitwirken können?

Mersch: Der Papst hat ja selbst einen synodalen Prozess angeregt, in dem er Erfahrungen von Synodalität in den Ortskirchen zugrunde legen will. Von daher müsste man eigentliche davon ausgehen, dass er auch Erfahrungen von Synodalität ermöglicht. Auf dieser Basis habe ich eine gewisse Hoffnung, es wäre wirklich schön, wenn der Papst dies ermöglichen würde. Das ist in der Tat ein Knackpunkt, dass sonst bei der tatsächlichen Wahl die Laien nicht mehr beteiligt sind.

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker steht im Garten seines Bischofshauses.
Bild: ©Erzbistum Paderborn

Seit 2003 ist Hans-Josef Becker Erzbischof von Paderborn – vor zwei Wochen bat er Papst Franziskus um die Entpflichtung von seinen Aufgaben. Der Erzbischof habe immer wieder deutlich gemacht, dass er alle Themen und Beschlüsse mit den Gremien und Laienvertretungen diskutieren und dann eine gute Umsetzung finden wolle, sagt Nadine Mersch.

Frage: Sie sind selbst Mitglied der Synodalversammlung. Der Beschluss zur Mitbestimmung von Laien bei der Bischofsbestellung wurde von einigen als erster großer Reformschritt gefeiert. Ihr Erzbistum wird nun vermutlich das erste sein, dass diesen Beschluss auch umsetzen muss. Was bedeutet das mit Blick auf den Synodalen Weg?

Mersch: Das bedeutet, dass wir auch viel dafür tun müssen, Standards zu entwickeln, wie dann eigentlich mit den beschlossenen Themen umgegangen werden muss. Bisher bin ich da bei uns im Erzbistum immer recht zuversichtlich gewesen, weil der Erzbischof immer wieder deutlich gemacht hat, dass er alle Themen und alle Beschlüsse mit den Gremien und mit den Vertretungen der Laien gemeinsam diskutieren wird, um dann eine gute Umsetzung zu finden. Dass es in diesem Fall durch das Metropolitankapitel nicht gelungen ist, finde ich zwar bedauerlich, aber eigentlich bin ich guten Mutes, dass wir das in Zukunft anders machen werden.

Frage: Sehen Sie in der anstehenden Bischofswahl auch eine gewisse Nagelprobe, wie tragfähig die beschlossenen Reformen in der Praxis dann sind?

Mersch: Ich glaube, das ist nicht unbedingt eine Nagelprobe, was die Beschlüsse angeht, sondern eher mit Blick auf die Verfahren. Es gibt schon Überlegungen, gute Verfahren zu erarbeiten und abzusichern. Es fehlt etwa ein konkreter Beschluss zum "Synodalen Rat", in dem es um Besetzungsmodalitäten und Ausgewogenheit geht. Das Thema ist allerdings diffizil und erfordert noch Detailarbeit.

Frage: Können andere Diözesen, bei denen in Zukunft auch Bischofswahlen anstehen werden, also aus der Situation im Erzbistum Paderborn lernen?

Mersch: Genau, man kann Lerneffekte aus dieser Sache ziehen. Ich werfe dem Metropolitankapitel nicht vor, dass es nicht alles Gute im Sinn hatte. Doch es gibt einen Unterschied zwischen gut gemeint und gut gemacht.

Von Christoph Brüwer