Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt nimmt Arbeit auf

Missbrauch: Evangelische Kirche lässt Betroffene mitentscheiden

Veröffentlicht am 28.06.2022 um 10:49 Uhr – Lesedauer: 

Hannover ‐ Eine frühere Form der Beteiligung war gescheitert: Nun verpflichtet sich die Evangelische Kirche in Deutschland, bei allen Entscheidungen zum Umgang mit Missbrauchsfällen Betroffene in einem neuen Gremium einzubeziehen.

  • Teilen:

In der evangelischen Kirche sollen Betroffene sexualisierter Gewalt künftig bei Entscheidungen über den Umgang mit Missbrauchsfällen verbindlich einbezogen werden. Wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Dienstag in Hannover mitteilte, haben die Leitungsgremien dafür ein sogenanntes Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt eingesetzt, in dem Betroffene, Bischöfe und weitere kirchliche Beauftragte gemeinsam beraten. Jede kirchenpolitische Entscheidung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt erfolge künftig durch Partizipation Betroffener, hieß es.

Der Sprecher der Betroffenen im neuen Gremium, Detlev Zander, sagte, die EKD gebe damit ihre Deutungshoheit auf. Das hatten Betroffene von der Kirche gefordert. "Die Betroffenen haben jetzt die Möglichkeit konkret ihre Belange einzubringen, Maßnahmen mitzugestalten, und die Wirksamkeit zu überwachen", so Zander. Eine frühere Form zur Beteiligung Betroffener bei der Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch in der evangelischen Kirche war gescheitert, unter anderem weil die Betroffenen kritisierten, nicht auf Augenhöhe mitreden und mitentscheiden zu können. Ein zunächst gegründeter Betroffenenbeirat wurde im vergangenen Jahr aufgelöst. Seitdem hatte die EKD nach einer neuen Form gesucht.

Die direkte Beteiligung Betroffener sei unverzichtbar, erklärte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. Mit der Einsetzung des Beteiligungsforums sei ein entscheidender Schritt gelungen, weg von einem beratenden Beiratsmodell, hin zu einer konkreten und verbindlichen Mitwirkung von Betroffenen. "Dazu haben wir uns mit der Einsetzung verpflichtet", so Kurschus. Das neue Gremium soll offiziell am 1. Juli starten. Ihm gehören den Angaben zufolge acht Betroffene sowie neun Vertreter und Vertreterinnen der institutionellen Seite an, darunter leitende Geistliche, Juristen und die Präses der Synode der EKD, Anna-Nicole Heinrich. Für einen Beschluss des Gremiums wird nach EKD-Angaben künftig sowohl eine Mehrheit unter den Betroffenen als auch unter den kirchlichen Beauftragten notwendig sein. (tmg/epd)