Postulator: Seligsprechung von Bruder Johannes Pauls II. möglich
Der ehemalige Postulator im Heiligsprechungsprozess von Johannes Paul II., Slawomir Oder, hält auch eine Kanonisierung des Papst-Bruders Edmund Wojtyla für möglich. Im Interview mit der polnischen katholischen Nachrichtenagentur KAI (Samstag) sagte Oder, dass er sich zwar nicht zu einer Heiligkeit Edmund Wojtylas (1906–1932) äußern wolle, da es dazu noch keine offiziellen kirchlichen Aussagen gebe. Aber er sei eine faszinierende und inspirierende Person. Der Arzt Wojtyla starb an Scharlach, nachdem er sich in einer Klinik im heute südpolnischen Bielsko bei der Behandlung eines Patienten angesteckt hatte. Nach Ansicht Oders könnte sein Tod das von Papst Franziskus bei der letzten Reform des Heiligsprechungsverfahrens neu aufgenommene Kriterium der Hingabe des eigenen Lebens für einen anderen Menschen erfüllen. "Ein mögliches Verfahren im Rahmen der 'oblatio vitae', wie es im Fall Edmunds vorgeschlagen wurde, erfordert den Nachweis, dass die Entscheidung, sein Leben zu opfern, eindeutig mit der Liebe zu Christus verbunden war", erläutert Oder.
Weitere Voraussetzungen für eine Seligsprechung sind der Ruf der Heiligkeit ("fama sanctitatis") und der Nachweis eines Wunders auf Fürsprache des Kandidaten. "Man könnte sagen, dass diese Meinung über Edmunds Heiligkeit ihn nicht nur unmittelbar nach seinem Tod begleitete, sondern auch heute noch lebendig ist", betont Oder. In den Kreisen der mit Johannes Paul II. verbundenen Menschen sei oft die Rede von Edmund Wojtyla. Das sei auch keine Überraschung, da die Heiligkeit seines Bruders wie ein "Vergrößerungsglas" wirke, durch das man die Heiligkeit Edmunds und seiner Eltern sehen könne. Die Aktenlage zum Leben Edmunds sei aufgrund der sorgfältigen Verwaltung im zeitweise österreichischen Bielsko (deutsch Bielitz) sehr gut. In Schul-, Militär- und anderen Archiven gebe es viele Dokumente zur Familie Wojtyla.
Aktuell ist Oder Postulator im Seligsprechungsverfahren der Eltern Johannes Pauls II., Emilia und Karol, das 2020 eröffnet wurde. Der Prozess befindet sich in seiner diözesanen Phase im Erzbistum Krakau. Laut dem Postulator liegen Zeugnisse über Gebete um die Fürsprache der Papst-Eltern nicht nur aus Polen, sondern auch Italien, den USA und Spanien vor. Aufgrund dieser neuen Zeugnisse sei es erforderlich, die diözesane Phase um ein Jahr zu verlängern. Johannes Paul II. selbst wurde 2011 selig- und 2014 heiliggesprochen. (fxn)