Die Kritik an Kardinal Woelkis Hochschulplänen wird lauter
Es ist ein Vorhaben, das auf ein wachsendes kritisches Echo stößt: Kardinal Rainer Maria Woelki will neben der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Bonn ein weiteres theologisches Hochschulangebot im Erzbistum Köln etablieren. Bereits zum 1. Februar 2020 hatte die Erzdiözese die Hochschule der Steyler Missionare in Sankt Augustin übernommen. In der Folge wurde die im Aufbau befindliche Einrichtung in die Bischofsstadt verlegt und in "Kölner Hochschule für Katholische Theologie" – kurz KHKT – umbenannt.
Für den früheren Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, ist es die "überflüssigste" Hochschulgründung der letzten Jahre. Denn in Deutschland werde über zu viele und nicht über zu wenige theologische Standorte diskutiert, sagte der ehemalige nordrhein-westfälische CDU-Landtagsabgeordnete und Kulturpolitiker. Weil es immer weniger Priesteramtskandidaten gibt, arbeitet die Deutsche Bischofskonferenz zum Beispiel daran, deren Ausbildung auf weniger Standorte bundesweit zu konzentrieren – zuletzt war von drei die Rede. Insgesamt gibt es 18 Fakultäten, an denen aber nicht nur angehende Geistliche studieren.
Warnung vor Infragestellung oder Neuverhandlung von Konkordaten
Sternberg verweist auch auf das mit dem Vatikan geschlossene und völkerrechtlich bindende Preußenkonkordat von 1929, wonach Priesterkandidaten des Erzbistums Köln in Bonn studieren müssten. Für den Leiter des Katholischen Büros in NRW, Antonius Hamers, hat sich diese Regelung bewährt. "Hintergrund ist das Interesse des Staates an akademisch gut ausgebildeten Religionsdienern", so Hamers. Das betreffe auch andere Religionen, wie die Debatte um die Imamausbildung zeige. Er warnte davor, die Vereinbarungen an dieser oder an anderen Stellen infrage zu stellen oder neu zu verhandeln.
Auch der Bonner Staatsrechtler Josef Isensee sieht die Priesterausbildung an der KHKT im Widerspruch zu den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Staat und Kirche. Das Preußenkonkordat behalte in Nordrhein-Westfalen den theologischen Fakultäten an den Universitäten in Bonn und Münster die "wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen" vor, so Isensee. Die Landesverfassung erkenne das Preußische Konkordat als weiterhin geltendes Recht an. Das Recht der Religionsgemeinschaften, eigene Anstalten mit Hochschulcharakter zur Ausbildung ihrer Geistlichen zu errichten und zu unterhalten, greife im Fall der KHKT nicht. Die Ausbildung des Priesternachwuchses an einer staatlichen Universität sei "ein auch heute noch bestehendes Interesse des Staates", weil hier die kirchliche Theologie sich im Kreise der übrigen Wissenschaften behaupten müsse und an der Freiheit der Wissenschaft am wirksamsten teilhabe – ungeachtet der Möglichkeit von kirchlichen Lehrbeanstandungen.
In ungewöhnlicher Weise meldete nun auch die Uni Bonn ihren Anspruch an, alleiniger Ausbildungsstandort für die Kölner Priester zu sein. Rektorat, Senat und Hochschulrat warnten gemeinsam vor einer "schleichenden Verlagerung" an Institutionen wie die KHKT. Ähnlich äußerte sich der Dekan der Fakultät, Jochen Sautermeister. Er hob als Vorzug die Einbindung der Theologie in den interdisziplinären Rahmen der Uni hervor. Genauso der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken: Eine theologische Hochschule drohe dagegen sich "zu einer kirchlichen Blase" zu entwickeln.
Das Projekt ist dem Kardinal indes ein persönliches Anliegen. Offiziell geht es ihm als Großkanzler der KHKT um eine "Förderung von Vielfalt der Theologie". Insider machen aus Bemerkungen Woelkis, der sich vor mehreren Jahren mit der Bonner Fakultät über eine Lehrstuhlbesetzung stritt, noch ein anderes Motiv aus: In einem Kernbereich der Kirche wie der Priesterausbildung bedürfe es einer Ausbildung unter erzbischöflicher Regie, die vor allem kirchliche Rechtgläubigkeit vermittele. Ein teures Anliegen. Denn langfristig wird mit einem Bedarf von acht bis zehn Millionen Euro für die KHKT gerechnet. Dagegen trägt laut Sautermeister der Staat die rund neun Millionen Euro Jahreskosten für die Bonner Fakultät – aus seiner Sicht eine gewaltige Entlastung der Kirchenkasse.
„Wir können im Erzbistum Köln keine weiteren atmosphärischen Belastungen gebrauchen.“
Woelki hatte dem Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat laut Protokollen zugesichert, dass die Finanzierung "für das Erzbistum ergebnisneutral" sei, also nicht aus Kirchensteuern erfolge. Eine eigens gegründete Stiftung bekomme zur Anschubfinanzierung Geld aus einem Sondervermögen und solle dann über Drittmittel eine "Finanzierung von außen" sichern. Inzwischen wurde bekannt, dass das Erzbistum just wegen dieser Stiftung eine rechtliche und wirtschaftliche Prüfung ansetzen musste. Grund sei eine "vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts", hieß es.
KHKT-Finanzierung nun doch aus Kirchsteuermitteln?
Derweil sickerte durch, dass nun doch eine KHKT-Finanzierung aus Kirchsteuermitteln geplant sei. Zudem werde erwogen, das Bonner Theologenkonvikt Albertinum am Rhein zu verkaufen und den Erlös von geschätzt rund 40 Millionen Euro für die Hochschule zu verwenden. Auf Wunsch Woelkis sollen die Studenten künftig ganz im Kölner Priesterseminar wohnen – was indes der Priesterrat in seiner jüngsten Sitzung mit knapper Mehrheit ablehnte.
In den nächsten Wochen befassen sich wieder die Gremien mit der KHKT. Die Laienvertretung im Erzbistum lehnte die Hochschule schon als "komplett überflüssig" ab. Der Bonner Stadtdechant Picken warnt davor, dass die Öffentlichkeit auf den finanziellen Aufwand mit Unverständnis reagiert: "Wir können im Erzbistum Köln keine weiteren atmosphärischen Belastungen gebrauchen."