Sprecher Norpoth: Instrumentalisierung für profane Zwecke

DBK-Betroffenenbeirat kritisiert Woelkis PR-Strategie zu Missbrauch

Veröffentlicht am 06.08.2022 um 10:09 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Ein Bericht über interne Unterlagen von Kardinal Woelkis PR-Beratern sorgt weiterhin für Unmut. Der Sprecher des Betroffenenbeirats der Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, kritisiert: Betroffene wurden massiven Retraumatisierungen ausgesetzt.

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Der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hat mit Empörung auf eine Veröffentlichung zur PR-Strategie des Kölner Kardinals Rainer Woelki für den Umgang mit Missbrauchsopfern reagiert. "Das Erzbistum Köln und allen voran sein Erzbischof haben den eigenen Betroffenenbeirat für profane Zwecke instrumentalisiert. Sie haben in nahezu menschenverachtender Art und Weise die Betroffenen sehenden Auges einer massiven Retraumatisierungsgefahr ausgesetzt", sagte Sprecher Johannes Norpoth dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag): Ein solches Verhalten sei "gleichermaßen schändlich wie verwerflich".

Die Zeitung hatte am Freitag über interne Unterlagen von Woelkis PR-Beratern berichtet. Demnach rieten die Fachleute dem Kardinal und seinem damaligen Generalvikar Markus Hofmann unter anderem, den Betroffenenbeirat des Erzbistums auf ihre Linie zu bringen, was einen Gutachter-Wechsel im Oktober 2020 anging. Die Fachleute sollen Tipps gegeben haben, wie dieses Ziel zu erreichen und die Betroffenen zu überzeugen seien. Später zogen sich mehrere Mitglieder des Betroffenenbeirats aus dem Gremium zurück. Sie seien bei der Zustimmung zu dem Gutachter-Wechsel überrumpelt worden und fühlten sich ein zweites Mal missbraucht.

Norpoth erinnerte daran, dass diese schon damals den Vorwurf der Instrumentalisierung erhoben hätten: "Entgegen allen bisherigen Dementis aus dem Erzbistum haben sich spätestens jetzt diese Vorwürfe vollumfänglich bestätigt."

"Missverhältnis" zwischen Eigenschutz und Anerkennungsleistungen

Der Beiratssprecher kritisierte zudem ein "Missverhältnis" zwischen den Ausgaben für "Eigenschutz des Erzbistums und seines Bischofs" und den Anerkennungsleistungen für Betroffene: "Auch hier wird wieder einmal mehr als deutlich: Der Schutz von Institution und Würdenträgern ist dieser Kirche mehr wert als die finanzielle Anerkennung des Leids, das Betroffene durch Missbrauchstaten, Vertuschung und Strafvereitelung bis heute zu tragen haben."

Norpoth forderte außerdem, den Bischöfen die Verantwortung für Betroffenenarbeit und Aufarbeitung zu entziehen und in unabhängige Hand zu geben. Mit der Schaffung geeigneter und vor allem unabhängiger Strukturen könne die Bischofskonferenz dann an Aufarbeitung, Prävention und Schadensausgleich tatkräftig mitwirken: "Aber eben als Täterorganisation ohne Einfluss und Macht auf Inhalte und Mitarbeitende, auf Studienergebnisse und deren Veröffentlichung."

Auch die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, und ehemalige Mitglieder des Kölner Betroffenenbeirats hatten am Freitag die Kölner PR-Strategie heftig kritisiert. (KNA)