Papst entlässt Malteser-Großkanzler Boeselager und löst Rat auf
Papst Franziskus hat den Großkanzler des Malteserordens, Albrecht Freiherr von Boeselager, aus seinem Amt entlassen. Zugleich löste das Kirchenoberhaupt den Souveränen Rat des katholischen Ordens auf. Der Vatikan veröffentlichte am Samstag ein entsprechendes Dekret. Darin beruft das Kirchenoberhaupt einen provisorischen Souveränen Rat und ein außerordentliches Generalkapitel am 25. Januar 2023 ein. Die Verordnung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.
Mit allen Befugnissen im Amt bleiben demnach der Sonderbeauftragte für den Malteserorden, Kardinal Silvano Maria Tomasi, und Ordensstatthalter Leutnant John Dunlap. Dies gelte bis zum Abschluss des außerordentlichen Generalkapitels "und ungeachtet jeder gegenteiligen Rechtsvorschrift, jedes Privilegs oder jeder noch so bemerkenswerten Gewohnheit, die dieser meiner Entscheidung zuwiderlaufen könnten", so der Papst.
Keine Deutschen mehr in Leitungsebene
Mit der Absetzung von Boeselager und der Neubesetzung des provisorischen Souveränen Rates befinden sich nun keine deutschen Ordensangehörigen mehr in der Leitungsebene des Malteserordens.
Der Souveräne Malteserorden hat die Entscheidung des Papstes zur Einsetzung einer provisorischen Übergangsleitung begrüßt. Mit den "väterlichen Maßnahmen" habe der Papst einen Kurs eingeschlagen, "der die Zukunft des Ordens sowohl als Ordensinstitut als auch als souveräne Körperschaft zu sichern verspricht", erklärte der Übergangsleiter der Malteser, Ordensstatthalter Leutnant John Dunlap, in einer am Samstag auf der Internetseite des Ordens veröffentlichten Mitteilung.
Zuletzt soll es starke Spannungen zwischen dem päpstlichen Bevollmächtigten für die Reform des Ordens, Kardinal Silvano Tomasi, und Teilen der Ordensleitung gegeben haben. Dem Vernehmen nach ging es dabei nicht nur um die Souveränität und die Statuten, sondern auch um die finanzielle Unabhängigkeit des weltweit humanitär tätigen Ordens. Am 27. August traf der Papst mit Tomasi, Dunlap und dem Jesuiten und Kirchenjuristen Gianfranco Ghirlanda zusammen.
Der Malteserorden
Der Malteserorden steht in der Tradition des "Ritterordens vom Hospital des heiligen Johannes zu Jerusalem", des im 11. Jahrhundert gegründeten weltweit ersten christlichen Krankenpflegeordens. Nach der Reformation spaltete sich die Gemeinschaft auf in die katholischen Malteser und die evangelischen Johanniter.
Nachdem Napoleon die Malteser 1798 von der Insel Malta vertrieben hatte, fasste der Orden im 19. Jahrhundert in Italien und Österreich wieder Fuß. 1879 stellte Papst Leo XIII. die Großmeisterwürde wieder her; 1953 wurden die Malteser als religiöser und souveräner Orden anerkannt. Als katholischer Orden sind sie dem Heiligen Stuhl unterstellt.
Zugleich ist der Souveräne Malteserorden politisch ein eigenes Völkerrechtssubjekt. Dieser Status verschafft ihm einzigartige Zugänge auf politischer und diplomatischer Ebene und soll besondere Unabhängigkeit in Konflikten ermöglichen. So unterhalten die Malteser diplomatische Beziehungen mit mehr als 100 Staaten sowie mit der EU. Außerdem haben sie Ständige Vertreter bei den Vereinten Nationen und etlichen weiteren internationalen Organisationen.
Unterdessen wurden erste Details zur neuen Verfassung des Ordens bekannt. So gelte das Mandat des Großmeisters künftig nicht mehr lebenslang, sondern sei auf zehn Jahre begrenzt und könne einmal verlängert werden, berichtete die Zeitung "Il Fatto Quotidiano" (Samstag). Die Altersgrenze liege bei 85 Jahren; Frauen und Männer seien völlig gleichgestellt.
Kardinal Gianfranco Ghirlanda, der als vatikanischer Kirchenjurist an der neuen Verfassung beteiligt war, sagte der Zeitung, dass der Orden nun Einheit anstreben müsse. Es dürfe weder Gewinner noch Verlierer geben. Er selbst habe keine Angst vor einer Spaltung, denn eine solche könne nur vom Heiligen Stuhl selbst vorgenommen werden. "Wenn jemand protestiert, bedeutet das, dass er nicht versteht, welche Funktion der Papst in der katholischen Kirche hat", so der Kardinal.
Als katholischer Orden ist der Souveräne Malteserorden dem Heiligen Stuhl unterstellt. Gleichzeitig ist er politisch ein eigenes Völkerrechtssubjekt. Dieser Status verschafft ihm einzigartige Zugänge auf politischer und diplomatischer Ebene und soll besondere Unabhängigkeit in Konflikten ermöglichen. Zu 110 Staaten unterhält der Orden derzeit diplomatische Beziehungen. (cph/KNA)
Update 3.9., 17 Uhr: Ergänzt um Details zur Verfassung.