Parlament erlaubt Abbruch der Schwangerschaft, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist

Parlament legalisiert Abtreibungen

Veröffentlicht am 12.07.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Irland

Bublin ‐ Im katholisch geprägten Irland sollen künftig unter bestimmten Umständen Abtreibungen legal vorgenommen werden können. Das Parlament in Dublin stimmte in der Nacht zum Freitag einem entsprechenden Gesetzesentwurf der konservativ-sozialdemokratischen Regierung mit 127 gegen 31 Stimmen zu, wie das irische Fernsehen RTE berichtete.

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Das Gesetz zum "Schutz des Lebens während der Schwangerschaft" erlaubt schwangeren Frauen den Abbruch, wenn ihr Leben in Gefahr ist - beispielsweise auch durch einen drohenden Selbstmord.

Dem nächtlichen Beschluss waren lange Debatten vorausgegangen. Noch bis zuletzt war vor Gerichten versucht worden, einen Aufschub zu erreichen. Während Gegner des Gesetzes nun steigende Abtreibungszahlen in Irland befürchten, geht die Regelung anderen nicht weit genug. Kritiker bemängeln, dass Vergewaltigungs- und Inzestopfer nach wie vor nicht automatisch zur Abtreibung berechtigt sind.

Schlupfloch Auslandsreise

Abgeordnete, die das Gesetz unterstützen, verwiesen laut RTE auf die Zahl von geschätzt elf Irinnen, die jeden Tag in Großbritannien abtreiben lassen. Nach Angaben des britischen Gesundheitsministeriums gaben rund 4.000 Frauen, die 2012 in England oder Wales abtreiben ließen, einen Wohnsitz in Irland an, wie es weiter hieß.

Menschen demonstrieren in Dublin nach dem Tod der schwangeren Savita Halappanavar.
Bild: ©picture alliance / empics/Julien Behal

Menschen demonstrieren in Dublin nach dem Tod der schwangeren Savita Halappanavar.

Anlass für die erneute Debatte über Abtreibungen war der Tod der aus Indien stammenden Zahnärztin Savita Halappanawar Ende Oktober 2012. Die Inderin wurde laut Medienberichten mit Rückenschmerzen in das Universitätsklinikum Galway eingeliefert. Dort diagnostizierten die Ärzte eine beginnende Fehlgeburt, weigerten sich aber, eine Abtreibung des Fötus vorzunehmen, weil dessen Herz noch schlug. Nach dem Tod des Ungeborenen hatte die Frau sich eine Blutvergiftung zugezogen, an der sie starb. Die Familie der Toten hat anschließend die Klinik verklagt .

Abtreibungen waren bisher in Irland gesetzlich verboten . Das Verbot beruht noch auf britischem Recht, Verstöße können mit lebenslangen Haftstrafen geahndet werden. Während Großbritannien seine Abtreibungsgesetze seit der Unabhängigkeit Irlands 1921 aber zunehmend gelockert hat, verschärfte Irland sie noch: Durch ein Referendum wurde 1983 ein Passus in die irische Verfassung aufgenommen, nach dem der Embryo mit dem Zeitpunkt der Zeugung die gleichen Rechte hat wie die Mutter. Durch diese gegenläufige Entwicklung hat sich ein reger "Abtreibungstourismus" zwischen beiden Ländern entwickelt. Laut der "Irish Family Planning Association" reisten seit 1980 mindestens 138.000 irische Frauen nach Großbritannien, um dort Abtreibungen vornehmen zu lassen.

„Die Unterstützung eines Gesetzes, das die willentliche Zerstörung von Leben legalisiert, ist mit dem katholischen Glaub nicht zu vereinbaren.“

—  Zitat: Eamon Martin (Erzbischof von Armagh)

Doch seit 1992 befindet sich die Rechtslage im Schwebezustand. Damals gestattete das Oberste Gericht einer 14-jährigen Irin, die nach einer Vergewaltigung schwanger wurde und deshalb als selbstmordgefährdet galt, zur Abtreibung nach Großbritannien auszureisen. Der Präzedenzfall führte zur bislang einzigen Aufweichung der strengen Auslegung, die Abtreibung nur bei einer Gefährdung des Lebens der Mutter als Möglichkeit vorsieht. Das Urteil wurde jedoch nie gesetzlich verankert. Vor zwei Jahren wertete der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg die unklare Rechtslage in Irland als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention.

Bis zuletzt gewehrt

Die katholische Kirche hatte sich bis zuletzt massiv gegen die Novelle gewehrt . Sie sah in dem Passus, dem gemäß Selbstmord-Gefahr für eine Abtreibung ausreicht, ein "Einfallstor" für eine weitere Liberalisierung des Abtreibungsrechts. Noch kurz vor der entscheidenden Parlamentsabstimmung hat der designierte katholische Primas des Landes, Erzbischof Eamon Martin, die Position der Kirche gegen den Gesetzentwurf bekräftigt. Er forderte die Aufhebung des Fraktionszwangs für die Abgeordneten. Sie sollte ihrem Gewissen folgen und gegen die Reform stimmen. Die Unterstützung eines Gesetzes, das die willentliche Zerstörung von Leben legalisierte sei eine "Kooperation mit dem Bösen" und nicht mit dem katholischen Glauben zu vereinbaren, so Martin. (mir/KNA)