José María Avendaño Perea wird in der Diözese Getafe wirken

Ein Mann wird Bischof – und seine Mutter vielleicht Selige

Veröffentlicht am 26.11.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Getafe ‐ In Spanien wurde ein besonderer Mann zum Bischof ernannt: Denn für die Mutter von José María Avendaño Perea wurde in diesem Jahr ein Seligsprechungsverfahren angestoßen. Ihre Geschichte steht für ein neues Kapitel der Seligsprechungen.

  • Teilen:

José María Avendaño Perea wird Weihbischof des spanischen Bistums Getafe – so weit, so unspektakulär in einem Land mit 70 Diözesen. Ernennungen wie die seine vollzieht Papst Franziskus beinahe jeden Tag. Doch hinter diesem Bischof steckt eine besondere Geschichte, die mit seiner Mutter zu tun hat: Für sie wurde im Juli dieses Jahres ein Seligsprechungsverfahren eröffnet.

Jorja Perea wurde 1928 in der kleinen Stadt Villanueva de Alcardete in der Nähe von Toledo geboren. Schon in sehr jungen Jahren verlor sie ihre Eltern. Mit 25 Jahren heiratete sie ihren Mann Cándido und brachte fünf Kinder zur Welt. Von denen starben aber zwei bereits sehr früh: eines nach nur zwei Tagen, der Sohn Jesus mit 17 Jahren.

Perea widmete ihr Leben wie so viele andere Frauen in ihrer Umgebung und ihrer Zeit der Arbeit auf dem Feld und im Dorf. Sie lebte in einem kleinen Ort in der Nähe von La Mancha ein einfaches Leben – ohne Geld oder Prestige. Aus der Sicht eines Außenstehenden war ihr Leben genauso wie das vieler anderer: nicht besonders erwähnenswert.

Artikeltipp: Mutter von Carlo Acutis: Mein Sohn hat mir alles beigebracht

Carlo Acutis wurde nur 15 Jahre alt, doch in seinen wenigen Lebensjahren hat er sein Computer-Talent für den Glauben eingesetzt. Seine Mutter hat nun über den 2020 seliggesprochenen Jungen gesprochen – und über ihren eigenen Glauben.

Gerade darin verbirgt sich jedoch das, was Jorja Perea zur Seligen machen soll. Sie habe "ein Leben der Hingabe an Gott", geführt, "an die Kirche und an andere, insbesondere an die Kranken und Bedürftigen, mit denen sie alles teilte, was sie hatte" sagt ihr nun zum Bischof ernannter Sohn. Sie habe ihre Bescheidenheit, Gastfreundschaft, Freude am Zuhören, Vergebung und Nächstenliebe ausgezeichnet.

Jeder Tag begann mit Gebet

Zudem sei sie durch ihren tiefen Glauben aufgefallen: "Sie konnte nicht lesen, aber sie kannte das Evangelium", so Avendaño Perea. Sie habe jeden Tag mit der Anrufung des Heiligen Geistes, dem Ave Maria und dem Kreuzzeichen für alle ihre Kinder begonnen. "Sie hatte das Evangelium in der Hand und im Mund", beschreibt ihr Sohn das Glaubensleben seiner Mutter. Sie habe immer gesagt: "Sprich gut von Gott und tue so viel Gutes, wie du kannst." Das habe sie auch angesichts des Todes zweier ihrer Kinder gelebt. Sie habe Gott nie angeklagt: "Es tut so weh, wenn ein Kind stirbt, aber du weißt alles", habe sie gebetet.

2015 löste eine Lungenentzündung einen Schlaganfall bei ihr aus. Sie starb mit 87 Jahren. Schon kurz darauf begannen die Menschen in der Region, sich mit ihren Anliegen an sie zu wenden. Im Zuge ihre Seligsprechungsverfahrens werden nun einige Fälle untersucht, in denen Menschen nach ihrer Anrufung auf unerklärliche Weise von Krankheiten geheilt wurden.

Papst Franziskus schaut die Kardinäle an
Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliani

Es gelte, Heiligkeit "im Alltäglichen zu suchen und zu umarmen, im Staub der Straße, in den Mühen des konkreten Lebens", sagt Papst Franziskus.

Damit ist sie eine Frau ganz nach dem Geschmack von Papst Franziskus. Im Mai hatte er die Gläubigen bei einer Heiligsprechung dazu aufgerufen, Heiligkeit nicht nur als heroische Geste, sondern als Teil des Alltags zu begreifen. Es gelte, Heiligkeit "im Alltäglichen zu suchen und zu umarmen, im Staub der Straße, in den Mühen des konkreten Lebens". Jeder und jede sei zur Heiligkeit berufen, nicht als Kopie der offiziellen Heiligen, sondern individuell.

Nächstenliebe und Demut

Eine solche Persönlichkeit ist Jorja Perea, hält ihr Sohn fest: "Meine Mutter ist ein Beispiel dafür, dass man nicht viel lernen muss, um Gott und alle Menschen um sich herum auf hervorragende Weise zu lieben." Er hat sich passenderweise den Wahlspruch "Caritas et humilitas" (Nächstenliebe und Demut) für sein Bischofsamt ausgesucht. Der 1957 wie seine Mutter in Villanueva geborene Avendaño Perea wurde 1987 Priester und war bislang Generalvikar des Bistums Getafe sowie Bischofsvikar für die Geistlichen. Außerdem gehört er dem Generalrat des spanischen Caritasverbands an.

Am 26. November wird er in der Herz-Jesu-Basilika auf dem Engelshügel in Getafe zum Bischof geweiht. Ob und wann der nächste Schritt im Seligsprechungsverfahren seiner Mutter kommt, ist dagegen völlig ungewiss. Ein sogenannter Postulator wird nun Informationen und Dokumente sammeln. Entscheidend wird dabei sein, ob sich eine der Heilungen tatsächlich als unerklärlich erweist, denn für eine Seligsprechung ist ein Wunder erforderlich. Für eine Heiligsprechung sogar zwei. Diese Prozesse haben keine Deadline, sie können Jahrzehnte dauern. Die Verehrung dieser "Heiligen des Alltags" hat unabhängig davon vor Ort bereits begonnen.

Von Christoph Paul Hartmann