Wie Peter H.: Priester unter Missbrauchsverdacht war in Garching tätig
Ein unter Missbrauchsverdacht stehender Eichstätter Priester war von Herbst 1984 zwei Jahre lang auch in Garching an der Alz als Seelsorger eingesetzt. Ein Jahr später, 1987, wurde dort von der Münchner Bistumsleitung der wegen Kindesmissbrauchs vorbestrafte Wiederholungstäter Peter H. mit der Seelsorge beauftragt. Das bestätigte das Erzbistum München und Freising am Montag und rief mögliche Opfer des Eichstätter Diözesanpriesters auf, sich zu melden. Zuerst hatten die Zeitungen der Mediengruppe Bayern über den Fall berichtet.
"Der Erzdiözese München und Freising liegen bis heute keine Hinweise vor, dass dieser Priester sich auch in Garching an der Alz übergriffig verhalten haben könnte", heißt es in der Mitteilung. Das könne jedoch nicht ausgeschlossen werden.
"Umfassendere Prüfung erforderlich"
Zu Fragen, wer für den Einsatz in der Bistumsleitung verantwortlich war und welche Kenntnisse wem vorlagen, nahm das Ordinariat am Montag nicht konkret Stellung. Dazu sei eine "umfassendere Prüfung der komplexen Aktenlage erforderlich, die derzeit noch erfolgt", hieß es.
Erste Erkenntnisse zu dem Fall gibt es in der Münchner Bistumsverwaltung mindestens seit dem 8. August 2022. Die Gremien und Mitglieder der Pfarrei in Garching/Alz wurden indes am vergangenen Wochenende informiert.
Bischof Stehle – unangreifbare Lichtgestalt, plumper Missbrauchstäter
Die Untersuchung der Akten des Hilfswerks Adveniat und der Bischofskonferenz zu Auslandspriestern zeigt eine Schattenseite weltkirchlichen Engagements: Täter wurden im Ausland versteckt – unter der Ägide von Bischof Emil Stehle, der selbst Täter war, und lange darüber hinaus. Damals wurden Betroffene nicht gehört. Heute zeigen sie Konsequenzen auf.
Am 8. August veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) eine von ihr beauftragte Studie zu sogenannten Fidei-Donum-Priestern. Das sind Geistliche aus deutschen Diözesen, die für einen Missionseinsatz in Ländern des Südens freigestellt. Die Untersuchung der Bischofskonferenz belegt, dass der frühere Adveniat-Geschäftsführer und Leiter der Koordinationsstelle Fidei Donum, der spätere Bischof Emil Stehle (1926-2017), in Lateinamerika Priester vor Strafverfolgung geschützt hat, die in Deutschland wegen sexualisierter Gewalt strafrechtlich verfolgt wurden. Weiter listet der Bericht gegen Stehle selbst 16 Meldungen und Hinweise zu übergriffigem Verhalten und sexuellem Missbrauch Minderjähriger auf.
Gegen den Eichstätter Priester lagen Missbrauchsvorwürfe vor, als er 1969 in Afrika untertauchte und sich von dort 1973 weiter nach Brasilien absetzte. Die Polizei ermittelte nach der Anzeige einer jungen Frau. Dem für die DBK erstellten Untersuchungsbericht der Kölner Rechtsanwältin Bettina Janssen zufolge haben sowohl Mitglieder der Eichstätter Bistumsleitung als auch Stehle den Priester vor Strafverfolgung geschützt, indem sie im Ausland zu seiner Tarnung beitrugen, etwa durch die Abänderung seines Namens bei Korrespondenzen und Geldüberweisungen.
Rückkehr nach Verjährung
1984, die Ermittlungen gegen ihn waren inzwischen wegen Verjährung eingestellt, kehrte der Geistliche nach Deutschland zurück – allerdings nicht in seine Heimatdiözese, sondern ins benachbarte Erzbistum München und Freising. Warum das Bistum Eichstätt ihn zunächst nicht mehr bei sich arbeiten lassen wollte, ist eine Frage, die bereits im Janssen-Bericht gestellt wird, aber bisher nicht beantwortet ist.
Fragen richten sich auch an das katholische Missionswerk missio München, das ausweislich des Reports spätestens seit 1974 darüber informiert war, dass deutsche Ermittler nach dem Mann fahnden.
Der Eichstätter Priester übernahm im Herbst 1986 eine Pfarrgemeinde in seinem Heimatbistum und starb 2016. (mal/KNA)
Hinweis
Die Kontaktdaten der unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch der Erzdiözese München und Freising finden Sie auf der Website der Erzdiözese.