Trauerbegleiterin: Nehmt Kinder mit auf Beerdigungen
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Vor über 30 Jahren hat Mechthild Schroeter-Rupieper die Familientrauerbegleitung in Deutschland gegründet und dabei geholfen, sie auch in Österreich, Belgien und der Schweiz zu etablieren. Im Interview spricht sie über ihre Arbeit und darüber, warum es wichtig ist, dass Kinder trauern lernen.
Frage: Sie arbeiten im "Lavia"-Haus in Gelsenkirchen. Wie können wir uns das vorstellen: Als Behandlungsraum oder Treffpunkt, zu dem dann ganze Familien oder Familienmitglieder kommen, weil sie den Tod eines Angehörigen verarbeiten müssen?
Schroeter-Rupieper: Das "Lavia"-Haus ist ein ehemaliges Friedhofsgärtnerhaus, das in Gelsenkirchen neben dem Südfriedhof liegt. Es ist ein Haus mit Säulen davor und es ist renoviert worden, damit wir dort mit Familien, mit Kindern, mit Jugendlichen und mit Gruppen reingehen können.
Es gibt dort eine ganz große Wohnküche, es gibt ein kleines Wohnzimmer, es gibt einen Raum, in dem man auch Gruppenstunden machen oder Seminare anbieten kann. Dann gibt es ein Musikzimmer mit Klavier und mit Gitarren und einen Dachboden mit Hänge-Sesseln und Knautsch-Kissen. Und es gibt einen schönen Garten drum herum. Wirklich ein ganz guter Ort, ein schöner Ort für schwere Momente.
Frage: Vor allem der graue November ist der Monat, in dem wir auch traditionell und religiös als Christen unserer Toten gedenken – an Allerheiligen und Allerseelen. Er wird auch der "Totenmonat" genannt. Gibt es im Verlauf des Jahres einen Unterschied im Umgang mit diesem Thema?
Schroeter-Rupieper: Der Unterschied ist einfach der, dass es an den Tagen schneller dunkel ist und dass das Wetter oft trüber ist – jetzt haben wir diesen Monat auch Sonnentage gehabt –, aber das ist etwas, was den Leuten wirklich aufs Gemüt schlägt. Und das machen wir zum Thema. Heute Abend werden in einer jungen Erwachsenen-Trauergruppe Traumfänger gebastelt, aber dabei entstehen Gespräche. Es geht also nicht um das Basteln, es geht nicht um das Bauen, sondern es geht darum, ob ich schlechte Träume habe oder ob mir die Dunkelheit zu schaffen macht. Habe ich Ängste oder Sorgen? Sehe ich manchmal "Gespenster"?
Von daher spielt es schon eine Rolle. Natürlich auch die Besuche auf dem Friedhof, weil selbst die Menschen, die nicht christlich gebunden sind, diesen Tag nutzen, um dort hinzugehen und Kerzen anzuzünden. Dann sprechen wir über Friedhofsbesuche, über das Kerzen Anzünden und fragen, wozu wir eine Kerze anzünden. Wir machen es zum Thema. Die Hanna Buiting hat so eine schöne Schreibarbeit gehabt: Was ist dein Allerheiligstes? Solche Themen sind es, die wir aufgreifen.
Aber auch Sankt Martin ist so ein Thema. Dazu wird es nämlich morgen eine Gruppenstunde geben mit Kindern und Jugendlichen. Sankt Martin hat seinen Mantel geteilt. Kann ich auch meine Trauer teilen? Kann ich mitteilen? Mit wem teile ich etwas und wo halte ich was zurück? Wir werden Brezeln essen, wir werden Kakao trinken und wir werden darüber ins Gespräch kommen und dann Lichtertüten gestalten, auf die wir Lichtmomente schreiben, also gute Momente, die wir in der traurigen Zeit schon erlebt haben, was wir schon geschafft haben. Solche Dinge passen tatsächlich mit Laternen besser in diese Jahreszeit als mitten in den Sommer.
Frage: Sie haben vor über einem Vierteljahrhundert die Familientrauerbegleitung in Deutschland gegründet und sie dann ja auch in unsere Nachbarländer gebracht. In Österreich, Belgien und in der Schweiz haben Sie sie mit aufgebaut. Warum ist diese Begleitung wichtig? Wie unterstützen Sie Familien?
Schroeter-Rupieper: Angefangen habe ich damit, dass ich nach meiner Kindergartenleiterin-Zeit von der Caritas im Bistum Essen angefragt wurde, mit einem Priester gemeinsam religionspädagogische Fortbildungen für Erzieherinnen anzubieten. Da bin ich damals, vor über 30 Jahren, gefragt worden, ob wir nicht was zum Thema Trauer machen. So bin ich da reingekommen, weil es im Grunde eine Auftragsarbeit war, um dann in der Entwicklung plötzlich zu merken, wie wichtig und wie spannend das Thema ist. Und um zu merken, wir werden von klein an groß und uns wird diese Fähigkeit, trauern zu können, aberzogen – und es ist eine Notwendigkeit. Es kann Not wenden, wenn wir trauern können. Wir haben diese Gabe mit auf die Welt bekommen und das abzuerziehen, das ist genauso dramatisch, wie wenn ich Freude aberziehe. Wenn ich sage, traurig darfst du sein, aber du darfst dich nicht freuen.
Deswegen ist es so wichtig, Familientrauerarbeit anzubieten, um Dinge wieder ins Gleichgewicht zu bekommen und Familien zu ermutigen, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich nicht zu schämen für ein echtes Gefühl.
Frage: Es ist gerade in Europa und in Deutschland eher ein Tabuthema. Man weiß vielleicht auch gar nicht, wie man damit umgehen soll, ist nicht ganz unbefangen. Mit dem Tod wird aber ganz unterschiedlich umgegangen, gefeiert mit großen Zeremonien – bunt wie in Mexiko beispielsweise –, mit vielen Ritualen auf der ganzen Welt. Bei uns ist es aber ja dann doch meist kein Thema, worüber wir jeden Tag sprechen oder nachdenken. Warum wäre das wichtig? Wieso sollte man das Ihrer Meinung nach besser mal ändern?
Schroeter-Rupieper: Es ist wichtig, weil der Tod einfach ein Teil von unserem Leben ist. Der Tod ist eine Facette davon. Tod oder überhaupt Verluste lösen in der Regel Traurigkeit aus. Und wenn wir es an dem Tod nicht üben, dann können wir das oft nicht übertragen auf andere Verluste. Zum Beispiel ist das Thema Scheidung ein großes Thema in Deutschland und auch in allen Nachbarländern, aber wir haben keine Rituale dafür entwickelt. Wenn ich beispielsweise gar nicht weiß, warum ich denn Tote wasche – viele Leute sagen, aus hygienischen Gründen und das ist so ein Quatsch. Als mein Vater gestorben ist, da war mein Vater sauber. Er wird gewaschen aus spirituellen Gründen, aus religiösen Gründen, weil ich das noch mal begreifen kann.
Rituale haben immer einen Sinn, aber wenn ich einen Sinn nicht mehr verstehe, dann kann ich das auch nicht übertragen auf andere Dinge. Und bei Scheidungen wäre es so wertvoll. Wir könnten auch eine Form von Beileid aussprechen, aber wir müssten andere Worte finden. Wir dürften Gesten haben, aber vielen Leuten ist noch nicht mal bewusst, dass das auch Trauer auslöst. Manchmal sogar eine größere Trauer, als wenn jemand gestorben ist.
Frage: Wie sieht die Begleitung von beispielsweise einer kleinen Familie aus? Die haben einen Angehörigen oder eine Angehörige verloren. Wie viel Mitgefühl ist das, wie viel ist das ein darüber Sprechen?
Schroeter-Rupieper: Wir erklären Eltern, was die Kinder denn eigentlich davon verstehen. Letztens habe ich einer Mutter erklärt, dass der 8-jährige Sohn jetzt gerade erst beginnt zu begreifen, dass der Papa wirklich nicht wiederkommt und dass er das aber endgültig erst in der Pubertät begreifen wird. Das hat nichts mit der Intelligenz, sondern mit einer Entwicklung zu tun. Wir machen Eltern Mut, Kinder mitzunehmen zu der Beerdigung oder wir machen Mut, auch zu einer Aufbahrung hinzugehen und dann gemeinsam zu überlegen, was man vor Ort machen könnte. Es geht auch darum, Eltern Ängste zu nehmen, denn oft haben die Eltern Angst vor dem Tod, vor dem Abschied und vor dem Anblick und übertragen meistens ihre Ängste auf die Kinder.
Eltern einfach Mut zu machen und zu sagen, ihr könnt das und ihr könnt auch eure Kinder trösten und ihr müsst keine Angst vor der Traurigkeit haben. Ihr müsst viel mehr Angst haben, dass eure Kinder nicht traurig sein können oder wollen oder dürfen. Wir machen Elterngespräche vor dem Sterben. Aktuell haben wir eine Familie, wo der Vater sich meldet und sagt, dass die Frau sterben wird. Sie wissen es jetzt und es wird auch nicht mehr lange dauern. Die fünfjährige Tochter weiß es noch nicht. Sie möchten gerne von uns Unterstützung haben. Wir werden nicht hingehen und das dem Kind sagen, sondern wir werden mit den Eltern darüber sprechen, wie sie das ihrem Kind sagen können. Wir stärken Eltern, es selber zu sagen. Wir können dabei sein und die Eltern unterstützen, aber das ist dann die Aufgabe tatsächlich der Eltern, es den Kindern zu sagen.
Wir sind da, wenn ein Unglück, ein Mord, ein Suizid oder ein Herzinfarkt geschieht. Oder wenn sich Leute auch manchmal Jahre später melden und sagen, dass es einen Tod gab und sie gedacht haben, sie bekommen es alleine hin. Jetzt tauchen auf einmal Schwierigkeiten auf, wo die Tochter im Studium ist oder das Kind in die Schule kommt. Da bieten wir Familiengespräche, Paargespräche und Einzelgespräche an. Wir haben Kindergruppen, Jugendgruppen und Erwachsenengruppen, die alle spendenfinanziert sind. Das muss man auch sagen, weil in Deutschland und auch in anderen Ländern Trauerbegleitung nicht refinanziert wird. Das ist tragisch, weil Trauerbegleitung sehr hilfreich sein kann, damit man keine psychische Störung entwickelt. Häufig setzt unser Gesundheitssystem erst dann an, wenn die Störungen da sind.
Tatsächlich sind die Gesundheitspfleger und -pflegerinnen die einzigen, die das Thema Trauer verbindlich in ihrer Ausbildung haben. Die Psychologen, was die Krankenkasse bezahlt, haben es nicht in ihrer Ausbildung. Und Ärzte haben es nicht, Ärztinnen, Seelsorger, Lehrer und Erzieherinnen haben das alle nicht verbindlich in ihrer Ausbildung. Von daher ist es immer wieder wichtig, darauf hinzuweisen. Denn Leute, die in Not zu uns hinkommen, die glauben, das geht auf Krankenkasse oder das bezahlt die Kirche, weil Kirche oft ja im Sozialbereich unterwegs ist. Aber dem ist tatsächlich nicht so, weder vom Bistum noch vom Staat.
Frage: Ihre Idee ist, auch die Jüngsten in der Familie mitzunehmen zur Beerdigung und gar nicht erst davor zu verschonen, dass ein Familienangehöriger gestorben ist?
Schroeter-Rupieper: Ja, ganz genau. Das wurde auch heute auf einer Beerdigung thematisiert. Da hieß es, wir nehmen die Kinder erst ab acht Jahren mit. Ich habe gesagt, ihr dürft die Kinder in jedem Alter mitnehmen. Wenn sie klein sind, können sie noch gar nicht zwischen tot sein und weg sein unterscheiden. Nehmt die Kinder in jedem Alter einfach mit und erst recht, bevor ihr selbst gestorben seid, damit ihr das als Eltern und als Großeltern den Kindern noch beibringen könnt. Das ist in jedem Alter wichtig. Wir wissen auch nicht, in welchem Alter es uns zum ersten Mal vielleicht heftig treffen kann.
Frage: Sie schreiben Bücher genau zu dem Thema, über Trauer und Tod. Zum Beispiel "Geschichten, die das Leben erzählt, weil der Tod sie geschrieben hat". Ein anderer Titel, der mir besonders gefallen hat, ist "Geht sterben wieder vorbei?". Sind das typische Fragen, mit denen Kinder sich beschäftigen in so einer Situation?
Schroeter-Rupieper: Ja, tatsächlich. Das ist so ein Sachbilderbuch, es wird eine Geschichte erzählt und es gibt ganz viele Fragen darin. Das sind sachliche Fragen und emotionale Fragen mit sachlichen Erklärungen. Es sind Fragen von Kindern. Aber es sind auch Fragen von Eltern, die diese Fragen von den Kindern fürchten oder diese Fragen bekommen haben und nicht beantworten können. Da wird dann erklärt, warum ein Toter gewaschen wird, wie tief ein Grabloch ist, wie viel Asche übrig bleibt im Krematorium oder wie heiß so ein Ofen wird. Da zucken manchmal Eltern zusammen, weil es dann ja um die Oma geht, um die Mutter der Mutter zum Beispiel.
Aber Kinder können erst anfangen zu trauern, wenn sie das Drumherum begriffen haben. Und ich finde, eine der wichtigsten Fragen und Antworten darin ist: Wird man in der Erde von Würmern angeknabbert? Und die Antwort ist: Nein, das wird man nicht, weil es in zwei Metern Tiefe keine Würmer, keine Käfer, keine Tiere gibt. Das ist, finde ich, auch ein ganz wichtiges Wissen.
Frage: Auf jeden Fall. Und trotzdem ist das ein Thema, bei dem wir denken, wir dürfen gar nicht so viel Humor an den Tag legen, oder?
Schroeter-Rupieper: Ja, das denkt man so. So macht man das, wird dann oft gesagt. Aber im Grunde ist es so: Wenn unser Herz voll ist mit Trauer, dann passt auch nicht so viel Humor rein. Aber wenn ich die Traurigkeit rauslasse, wenn ich mein Herz ausschütte im wahrsten Sinn des Wortes, durch Weinen, durch Reden, durch Beten, durch Bewegung, dann passen auch wieder Mut, Zuversicht und auch Humor da rein.
Wenn man sagt, das macht man nicht, sind das Regeln, bei denen man sich fragt, wer denn eigentlich der Richter darüber ist. Wer ist der Bestimmer?
Ich war auf einer Beerdigung, da hat sich das Mädchen für die Beerdigung von ihrem Papa ganz schön gemacht. Sie hat ein blaues Prinzessinnenkleid angezogen und sie hat eine Krone aufgehabt. Das hat mich so berührt. Viele hätten gesagt, das macht man nicht. Aber dieses Mädchen hat sich schön gemacht für Papas Beerdigung. Da denke ich, wie wundervoll das für diesen Papa ist und wie wundervoll von der Mama, das zuzulassen.
Ordensfrau: Der Tod ist die Geburt in ein Leben bei Gott
Schwester Gabriela Zmuda ist Augustiner-Chorfrau im Michaelskloster in Paderborn. Weil sie auch Altenpflegerin ist, begleitet die Ordensfrau ihre Mitschwestern auf dem letzten Lebensweg. Im katholisch.de-Interview erklärt die Ordensfrau, was beim Abschiednehmen helfen kann.
Frage: Stellen Sie denn fest, dass genau an so einem Punkt wie dem Tod oder dem Verlust von einem Menschen Spiritualität und der eigene Glaube eine Rolle spielen?
Schroeter-Rupieper: Ja, die meisten Kinder und Jugendlichen, auch wenn sie gar nicht religiös geprägt sind, sprechen vom Himmel. Und die meinen dabei nicht die Wolken. Das finde ich immer wieder interessant. Wir erleben bei Menschen, die in der Krise an ihrem Gottesbild zweifeln, dass sie trotzdem ganz häufig dankbar sind, dass sie aber dieses Bild haben und dass sie sich daran auch reiben können. Wir erleben, dass viele Menschen auch die Zuversicht haben, dass der Verstorbene gut aufgehoben ist. Und wir haben viele Menschen, die diesen Glauben nicht haben, die sich das aber wünschen, die Fragen stellen, die mit uns ins Gespräch gehen.
Was wir bei "Lavia" machen, ist, dass wir auch immer wieder diese Angebote machen. Wir fahren alle zwei Jahre, wenn es uns – auch finanziell – möglich ist, ins Kloster nach Varensell und haben dann ein Wochenende miteinander. Wir haben einen Austausch mit den Schwestern, wir haben immer Themen dabei: Einmal haben wir das Thema "Wunder" gehabt, wo es um Wundergeschichten in der Bibel ging. Wieso klappt es denn in der Bibel, dass Jesus Tote erweckt und warum geht es nicht in echt? Wenn eine Jugendliche sagt, sie habe 100.000 Mal am Tag gebetet, dass ihre Mama nicht stirbt und sie ist aber trotzdem gestorben … Um solche Fragen geht es dann bei diesen Angeboten.
Das Interessante ist, dass zu diesen Wochenenden ganz häufig auch Jugendliche und junge Erwachsene mitkommen, die so etwas von zu Hause her nicht erlebt haben: Glaubensgespräche oder diese Erziehung oder diese Angebote. Wir bieten jedes Jahr seit über 15 Jahren immer am letzten Adventssonntag vor Heiligabend einen Gottesdienst "Weihnachten ohne Dich" an und die Kirche ist tatsächlich oft voller als an Heiligabend selbst. Es kommen Menschen dorthin, die ihre Traurigkeit dort lassen können und dann später sagen, sie konnten tatsächlich Weihnachten feiern, weil sie Traurigkeit und Tränen da gelassen haben. Man merkt einfach, dass die Menschen gerade in Krisenzeiten auf der Suche sind. Es wäre wertvoll, wenn die Kirche auch mehr Angebote machen würde. Ich kenne viele kirchliche Menschen, die sagen, sie würden gerne die Angebote machen, sie kommen da aber einfach nicht zu, weil zu viele andere Sachen anstehen – bis hin zu Schreibkram.
Frage: Christinnen und Christen glauben, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist. Gleichzeitig gibt es ja auch den Spagat, dass man irgendwie betet und dann doch nicht das passiert, was man sich wünscht – dass der Mensch wieder gesund wird oder am Leben bleibt. Wie viel hilft denn der Glaube bei Ihrer Arbeit und bei der Trauerbewältigung, ob man jetzt glaubt oder nicht?
Schroeter-Rupieper: Also mir hilft der Glaube dabei, weil ich tatsächlich zuversichtlich bin, dass es einen Himmel gibt, und ich grundsätzlich erst mal den Tod nicht fürchte. Das Sterben sicherlich, aber den Tod an sich empfinde ich erst mal nicht als bedrohlich. Das mag vielleicht anders sein, wenn er plötzlich vor der Tür steht, aber es ist jetzt nicht das, was mir Sorge bereitet. Was mir gut tut, ist auch, ins Gebet zu gehen und auch für Menschen zu beten oder Menschen manchmal zu sagen, ich zünde eine Kerze für dich an! Und das tatsächlich auch zu tun.
Für mich ist es dieses Bild wie in der Geschichte "Spuren im Sand" – dass ich nicht davon ausgehe, dass Gott mich auserwählt, dass ich nicht sterben werde, sondern dass ich einfach darauf vertraue, dass, wenn mir was Schlimmes passiert, weil meinem Mann, meinen Kindern oder mir etwas geschieht, dass ich getragen bin. Und auch wenn ich es vielleicht gar nicht spüre, dass es vielleicht noch schlimmer sein könnte, dass meine Menschen drumherum getragen sind, das wünsche ich mir einfach. Aber dass es den Gott gibt wie den Schutzengel bei einer Versicherung, der sich vors Auto stellt und das Auto zurückhält, das ist tatsächlich auch nicht mein Gott.
Frage: Nichts bietet sich mehr an als das Thema Trauer und Tod, um über Hoffnung zu sprechen. Genau das ist immer unsere letzte Frage: Was bringt Ihnen Hoffnung?
Schroeter-Rupieper: Wenn ich jetzt bei der Arbeit bleibe, dann bringt mir Hoffnung, dass es so viele Jugendliche gibt, die ihre Freunde oder Mitschülerinnen mitbringen und sagen: Hier ist auch was passiert. Es bringt mir Hoffnung, dass immer mehr von unten geschieht und dass sich dadurch, glaube ich, Gesellschaft verändern kann.
Es gibt mir Hoffnung für mein eigenes Altwerden, denn wenn ich eines Tages im Krankenhaus bin oder vielleicht im Pflegeheim, dann wäre das so wertvoll, wenn pflegende Menschen mich umgeben, die keine Angst vor Tod, Trauer und Sterben haben und mit mir deswegen würdevoll umgehen. Da gibt es mir wirklich Hoffnung, dass ich merke, es spricht Jugendliche an und sie trauen sich, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, weil sie merken, dass sie richtig sind mit ihren Gefühlen.