Betroffene hätten "einen erheblichen Einfluss hinzugewonnen"

Missbrauchsbetroffene und EKD-Vertreter legen Bericht vor

Veröffentlicht am 08.11.2022 um 19:56 Uhr – Lesedauer: 

Magdeburg ‐ Im Juli hatten EKD und Diakonie ein Beteiligungsforum gegründet, in dem Missbrauchsbetroffene und Kirchenvertreter zusammenarbeiten. Bei der Synode hat das Gremium nun erstmals gemeinsam mit den Kirchenverantwortlichen einen Bericht vorgelegt.

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Missbrauchsbetroffene und Kirchenvertreter haben erstmals gemeinsam einen Bericht zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der evangelischen Kirche vorgelegt. Vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) begrüßte der Sprecher der Gruppe der Betroffenen im Beteiligungsforum der EKD, Detlev Zander, am Dienstag in Magdeburg, dass die Betroffenen durch die Einrichtung dieses Gremiums "einen erheblichen Einfluss hinzugewonnen" hätten. "Erstmals sind von sexualisierter Gewalt betroffene Personen ohne Wenn und Aber an allen Entscheidungen in diesem Bereich beteiligt", sagte die neue Sprecherin der Beauftragten im Beteiligungsforum, die Pfälzer Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst.

Im Juli hatten EKD und Diakonie das Beteiligungsforum gegründet. In dem paritätisch besetzten Gremium arbeiten Betroffene und Kirchenvertreter zusammen, dabei haben die Betroffenen bei allen Beschlüssen ein Vetorecht. Künftig sollen der Rat der EKD, die Kirchenkonferenz und die Synode keine Beschlüsse zum Thema sexualisierte Gewalt mehr fällen dürfen, ohne dass die Betroffenen im Beteiligungsforum diesen Beschlüssen zugestimmt haben. Rat und Kirchenkonferenz haben einer entsprechenden Selbstverpflichtung bereits zugestimmt, die Synode wird dies voraussichtlich am morgigen Mittwoch tun.

"Wichtig für uns Betroffene ist, dass das Beteiligungsforum der zentrale Ort der Diskussionen, Lösungsfindungen und Vereinbarungen zu allen Fragen der Aufklärung, Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt ist", sagte Zander. "Dazu zählt auch die Frage, wie das den Betroffenen in der evangelischen Kirche und Diakonie angetane Unrecht auch finanziell besser anerkannt – wie ihnen besser geholfen – werden kann."

Veränderung des Disziplinarrechts diskutiert

Die Betroffenenvertreterin Nancy Janz nannte es willkürlich, dass Betroffene in unterschiedlichen Landeskirchen unterschiedliche Ausgleichsleistungen erhielten. Hier sei eine einheitliche Lösung mit gemeinsamen Standards nötig.

Kirchenpräsidentin Wüst erklärte, dass bundesweit unabhängige regionale Aufarbeitungskommissionen in Verbünden der Landeskirchen und der Diakonie gebildet werden sollen. "Um einen gemeinsamen Standard der Kommissionen zu sichern, wird mit der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) eine Gemeinsame Erklärung abgeschlossen, die für alle geltende Grundlage sein soll." Aus der Mitte der Synode wurde zudem der Antrag eingebracht, dass sich die evangelische Kirche für eine Erweiterung des Strafgesetzbuchs um den Missbrauch in der Seelsorge einsetzen solle.

Ferner diskutierte die Synode eine Veränderung des Disziplinarrechts. Die westfälische Kirchenrätin Daniela Fricke sprach sich für eine bessere Information der Betroffenen aus. Im Disziplinarrecht sollte es künftig eine Informationspflicht zu Gunsten der Betroffenen geben. "Betroffene sollten von Anfang an eine externe Rechtsberatung bekommen", sagte Fricke. Urteile in Disziplinarverfahren sollten unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte grundsätzlich veröffentlicht werden. (KNA)