Zollner zu Frankreich: Namen der beschuldigten Bischöfe mitteilen
Nach den jüngsten Missbrauchsenthüllungen in der Kirche in Frankreich plädiert der vatikanische Kinderschutzexperte Hans Zollner für die Veröffentlichung der Namen der elf Bischöfe, gegen die ermittelt wird oder wurde. "Die Französische Bischofskonferenz sollte Namen mitteilen, wenn dies rechtlich möglich ist", sagte der Jesuit und Leiter des Instituts für Anthropologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana am Dienstag der Französischen Zeitung "La Croix". Falls nicht, bestehe die Gefahr, dass alle Bischöfe unter Generalverdacht gestellt würden. "Wir müssen immer die Wahrheit zugeben und sagen, und zwar mit der nötigen Klarheit."
Am Montag hatte die Französische Bischofskonferenz mitgeteilt, dass es bereits gegen elf pensionierte beziehungsweise noch aktive französische Bischöfe Untersuchungen von staatlichen oder kirchlichen Stellen gebe oder gegeben habe. Grund sei der Verdacht des sexuellen Missbrauchs beziehungsweise dessen Vertuschung. Parallel dazu wurde bekanntgegeben, dass Kardinal Jean-Pierre Ricard, früherer Erzbischof von Bordeaux, sich wegen "verwerflichen Verhaltens" gegenüber einer 14-Jährigen vor 35 Jahren selbst bei der Bischofskonferenz angezeigt habe. Erst vor einigen Wochen war zudem bekannt geworden, dass der frühere Bischof von Creteil, Michel Santier, wegen Machtmissbrauchs zu sexuellen Zwecken bereits vor mehr als einem Jahr vom Vatikan mit Strafmaßnahmen belegt worden war.
"Paradoxerweise ein großer Schritt"
Zollner betonte, dass die Enthüllungen "ein Licht auf ein umfassendes Versagen der Institution über Jahrzehnte hinweg" wärfen: "Aber paradoxerweise sehe ich in diesem Schritt auch einen großen Schritt nach vorne, den die französischen Bischöfe gemacht haben, auch wenn er sehr spät kommt." In der Kirche habe man noch nicht verstanden, wie die Kommunikation in der heutigen Welt funktioniere. Man müsse sich klarmachen, dass Skandale früher oder später immer nach außen drängten. "Wir müssen also transparent und aufrichtig sein, unter Einhaltung des Zivilrechts", so Zollner. Transparenz brauche es auch im Blick auf kirchenrechtliche Sanktionen. "Ich halte es für selbstverständlich, dass die Entscheidungen veröffentlicht werden müssen", sagte der Jesuit.
Auch bei den Auswahlverfahren für Bischöfe kann sich Zollner Änderungen vorstellen. So könnte man möglicherweise auch Personen bei den Befragungen hinzuziehen, die nicht Teil des kirchlichen Kontexts sind und die den Bischofskandidaten auch in anderen Zusammenhängen gekannt oder mit ihm zusammengearbeitet haben. (mal)