Papst Franziskus entmachtet Leitung von Caritas Internationalis
In einem erneuten personellen Paukenschlag hat Papst Franziskus die gesamte Leitung des Hilfswerk-Dachverbands Caritas Internationalis mit sofortiger Wirkung abberufen. Zugleich ernannte er am Dienstag per Dekret Pier Francesco Pinelli zum außerordentlichen Kommissar der Organisation. Das teilte das vatikanische Presseamt mit. "Mit dem Inkrafttreten dieser Maßnahme scheiden die Mitglieder des Vertretungsrates und des Exekutivrates, der Präsident und die Vizepräsidenten, der Generalsekretär, der Schatzmeister und der kirchliche Assistent aus ihren jeweiligen Ämtern aus", heißt es in dem Dekret weiter. Seit 2015 stand der philippinische Kurienkardinal Luis Antonio Tagle (65) als Präsident an der Spitze der Organisation. Generalsekretär war seit 2019 der aus Indien stammende Franzose Aloysius John.
Der international tätige Berater und Manager Pinelli wird in seiner Aufgabe unterstützt von Maria Amparo Alonso Escobar, einer langjährigen Caritas-Mitarbeiterin und Kampagnen-Managerin, und dem portugiesischen Jesuiten Manuel Morujao. Die drei sollen für eine Aktualisierung der Statuten und Regeln von Caritas Internationalis sorgen, "um deren Funktionalität und Effektivität zu verbessern und die Organisation bei der Vorbereitung der nächsten Generalversammlung zu unterstützen". Diese soll samt Wahl einer neuen Leitung im Mai 2023 stattfinden.
Bei der Erstellung aktualisierter Statuten und Regeln werde Pinelli darüber hinaus vom bisherigen Präsidenten Tagle unterstützt, so das Dekret weiter. Die kommissarische Führung werde in Abstimmung mit der vatikanischen Entwicklungsbehörde handeln, dem sogenannten Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung. In einem erklärenden Text der Behörde heißt es, der päpstlichen Entscheidung sei eine "Überprüfung der Tätigkeit durch ein unabhängiges Gremium" vorausgegangen. Pinelli sei an dieser Überprüfung bereits beteiligt worden. Es sei vor allem das Arbeitsumfeld bei Caritas Internationalis im Generalsekretariat und dessen "Übereinstimmung mit den katholischen Werten der Menschenwürde und der Achtung vor jedem Menschen" untersucht worden.
"Echte Mängel im Management und in den Verfahren"
Dabei sei es nicht um Vorwürfe des finanziellen Missmanagements oder um verfehlte Fundraising-Ziele gegangen, auch habe es keinen Nachweis sexuellen Fehlverhaltens gegeben. "Es wurden echte Mängel im Management und in den Verfahren festgestellt, die den Teamgeist und die Moral der Mitarbeiter ernsthaft beeinträchtigen", so die Erläuterung der Entwicklungsbehörde. Die Bedürfnisse der vielen Menschen, denen die Caritas diene, hätten deutlich zugenommen, erklärte der Leiter der Entwicklungsbehörde, Kardinal Michael Czerny. Auf diese Herausforderung müsse die Dachorganisation gut vorbereitet sein. Letztlich solle die Zusammenarbeit mit den rund 160 Mitgliedsorganisationen weltweit verbessert werden, um der Erfüllung des Auftrags, dem Dienst an den Ärmsten und Bedürftigsten, gerecht zu werden.
Caritas Internationalis ist der weltweite Dachverband von Caritas-Hilfsorganisationen der katholischen Kirche. Seine Aufgabe ist es, humanitäre Arbeit zu koordinieren. Dazu zählen Katastrophenhilfe, der Kampf gegen Seuchen wie Aids sowie Folgen des Klimawandels, aber auch langfristige Entwicklungsprojekte und Programme zur Konfliktlösung. 1951 als Zusammenschluss von 13 Mitgliedern gegründet, gehören ihm derzeit 162 nationale Organisationen an, die in über 200 Ländern aktiv sind. Mitglieder von Caritas Internationalis sind unter anderen der Deutsche Caritasverband, die Caritas Österreich, Caritas Schweiz und der französische Secours catholique. Sitz des Verbands ist die Vatikanstadt. Den Kontakt zu den Vereinten Nationen besorgen Vertreter in New York, Genf, Rom und Paris. Die in Rom ansässige Dachorganisation ist nicht zu verwecheln mit Caritas international mit Sitz in Freiburg im Breisgau, dem Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes. (tmg/KNA)
22.11., 14:55 Uhr: Ergänzt um weitere Details.