Lehre habe im Katholizismus massiven Klerikalismus begünstigt

Theologe Häring: Lehre von der Erbsünde überwinden

Veröffentlicht am 05.12.2022 um 14:10 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Der Erbsündenglaube habe zu einer allgemeinen Freiheits- und Weltangst geführt und im Katholizismus massiven Klerikalismus begünstigt: Der Theologe Hermann Häring hat sich dafür ausgesprochen, die Lehre von der Erbsünde zu überwinden.

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Der katholische Theologe Hermann Häring macht die christliche Lehre von der Erbsünde für viele kirchliche Fehlentwicklungen verantwortlich. Diese Lehre besagt vereinfacht, dass auf jedem Menschen als einem Nachfahren von Adam und Eva von Geburt an die Erbsünde lastet. Häring schreibt in einem Beitrag für die Zeitschrift "Christ in der Gegenwart", auch die katholische Kirche sei durch "dieses dunkle, traumatisierende Menschenbild geprägt". Der Erbsündenglaube habe "zu einer allgemeinen Freiheits- und Weltangst, zur Angst vor Selbstständigkeit und Autonomie, schließlich zu Sexualphobie und Frauenhass" geführt.

Im Katholizismus habe die Lehre massiven Klerikalismus begünstigt, weil eine Elite notwendig geworden sei, um Menschen kraft Amtes Gnade zu vermitteln. Es gelte, das "Erbsündensyndrom" zu überwinden, das in Traditionen, Liturgie, Kirchenliedern und Gebeten bis heute tief verankert sei, so Häring. Verantwortlich für die Fehlentwicklungen macht Häring vor allem den Apostel Paulus und den Kirchenvater Augustinus. Ausgangspunkt des christlichen Menschenbildes muss nach Ansicht des früheren Theologieprofessors die "ungeschmälerte Freiheit" sein. Das entscheidende Motiv für einen Abschied von der Lehre sei "das befreiende und solidarische Menschenbild, an das uns die Geschichte Jesu von Nazareth erinnert". Wenn die Kirchen ihre Lehre nicht änderten, "wird ihr Bedeutungsverlust noch dramatischer". (KNA)