Caritas International stellt Arbeit in Afghanistan ein
Das kirchliche Hilfswerk Caritas international stellt seine Arbeit in Afghanistan vorübergehend ein. Man müsste "dringend" eine Botschaft an die Taliban-Regierung senden und wolle das durch diesen Schritt tun, sagte der Leiter des Hilfswerks in Kabul, Stefan Recker, dem WDR. Die Situation sei für Nichtregierungsorganisationen jedoch ein "riesengroßes Dilemma": Tausende Hilfsbedürftige seien dadurch erst einmal von Basisleistungen abgeschottet. Auch die "Aktion gegen den Hunger" kündigte an, als Reaktion vorübergehend alle Aktivitäten auszusetzen – mit Ausnahme lebenswichtiger medizinischer Maßnahmen für Kinder.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verurteilte die Forderung der Taliban in Afghanistan, Frauen bei der Arbeit von Hilfsorganisationen in dem Land auszuschließen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach am Montag von einem "unverantwortlichen Schlag gegen die Hilfe für das afghanische Volk". Sie kündigte an, dass angesichts der Lage nun über die weitere Unterstützung beratschlagt werde müsse. Mehrere Nichtregierungsorganisationen hatten am Sonntag angekündigt, ihre Hilfsprogramme in Afghanistan zunächst einzustellen. Die Taliban-Regierung, die im August 2021 die Macht wiedererobert hatte, hatte in einem Schreiben an alle nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen verlangt, keine Frauen mehr zu beschäftigen. Kurz zuvor hatten die Taliban Frauen von Hochschulen ausgeschlossen.
Bundesregierung verurteilt Taliban-Forderungen
Baerbock erklärte auf Twitter: "Wir werden nicht akzeptieren, dass die Taliban die humanitäre Hilfe zum Spielball ihrer Frauenverachtung machen." Sie raubten damit der Hälfte der Bevölkerung ein weiteres Grundrecht, brächen humanitäre Prinzipien und gefährdeten lebenswichtige Versorgung von Menschen. "Wer Frauen und Mädchen von Arbeit, Bildung und öffentlichem Leben ausschließt, ruiniert nicht nur sein Land. Geschlechtsbezogene Verfolgung kann auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein", so die Außenministerin.
Schulze betonte: "Ohne weibliche Beschäftigte können Organisationen ihre Arbeit in vielen Bereichen für die Hälfte der Bevölkerung nicht fortführen." Damit sei "eine völlig neue Situation entstanden". Sie sprach sich dafür aus, die aktuelle Unterstützung, "die wir mit anderen leisten", zunächst zu suspendieren. Das Ministerium werde mit der Weltbank zu einem Treffen des Afghanistan Reconstruction Trust Fund einladen. Dabei solle beraten werden, ob und wie in der von den Taliban geschaffenen Lage die Unterstützung für die Menschen in Afghanistan fortgeführt werden kann.
Die Hilfsorganisationen Care, Save The Children und die Norwegische Flüchtlingshilfe teilten in einer gemeinsamen Erklärung mit, sie könnten Notleidende in Afghanistan nicht ohne die Hilfe ihrer Mitarbeiterinnen erreichen. Die Anweisung der Taliban werde nicht nur lebensrettende Hilfen für Tausende Menschen unmöglich machen, sondern auch Tausende Arbeitsplätze in einer Gesellschaft in einer großen wirtschaftliche Krise gefährden. Die Hilfsorganisationen kündigten an, ihre Programme vorläufig zu stoppen, bis Klarheit über die Forderungen bestehe. (rom/KNA)