Ausnahmezustand im Vatikan: Tausende nehmen Abschied von Benedikt XVI.
Einige hatten sich schon in der Nacht angestellt, um dem verstorbenen Benedikt XVI. die letzte Ehre erweisen zu können. Eine Ordensfrau war es dann, die als erste am aufgebahrten Leichnam betete. Zuvor hatten Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und Staatspräsident Sergio Mattarella von dem ehemaligen Papst Abschied genommen.
Der langjährige Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein begleitete seinen ehemaligen Chef nach dessen Tod auch in der Basilika. Um 7 Uhr am Montagmorgen war der in Rot gekleidete Leichnam vom ehemaligen Wohnort in den Vatikanischen Gärten in den Petersdom überführt worden. In einem silberfarbenen Transporter wurde Benedikt, begleitet von seinen engsten Vertrauten, in den Petersdom gebracht. Dort wurde er auf der Totenbahre an die Stelle vor dem Hauptaltar gebracht, wo 2005 auch schon Johannes Paul II. aufgebahrt war. Bis Mittwochabend können sich die Menschen dort von dem früheren Kirchenoberhaupt verabschieden.
Aufgestellte Absperrgitter reichten schnell nicht mehr aus
Über vier Zugänge strömen sie seit dem Morgen auf den Petersplatz. Die ursprünglich aufgestellten Absperrgitter reichten schnell nicht mehr aus, um Tausende Menschen in geordneten Bahnen Richtung Basilika zu lenken. Eilig wurden am Mittag weitere Absperrungen postiert.
David und Carolyn Görge aus Oberursel in der Nähe von Frankfurt kennen sich in Rom und dem Vatikan aus. Mindestens einmal im Jahr kommen sie hierher. Darum haben sie auch den weniger besuchten Eingang links der Basilika gewählt. Eigentlich machten sie gerade Urlaub in Venedig, als sie von dem schlechten Gesundheitszustand Benedikts erfuhren. Spontan planten sie ihre Reise um und waren schon an dessen Todestag an Silvester auf dem Petersplatz, um seiner zu gedenken.
Für sie war es keine Frage, am Montag noch einmal persönlich von Benedikt Abschied zu nehmen. David Görge hatte ihn 2006 bei einer Audienz persönlich kennengelernt. Ein einprägsames und unvergessliches Erlebnis sei dies für ihn gewesen. Auch weil damals seine Oma mit dabei war. Sie ist vor drei Wochen gestorben, kurz vor Benedikt. Auch deshalb war es dem jungen Ehepaar wichtig, dem ehemaligen Papst noch eine letzte Ehre zu erweisen.
Auch für Taras aus Ternopil in der Ukraine ist der Abschied von Benedikt emotional. Er habe noch ein letztes Treffen mit ihm gewollt, erzählt der Student, der mit seiner Mutter in den Vatikan gekommen ist. Der junge Mann in dem blauen Anzug ist sichtlich berührt. Er wünsche sich, dass Benedikt für ihn bete. Aber nicht nur für ihn selbst. Der frühere Papst sei nun direkt bei Gott und könne bei ihm um Frieden in der Ukraine bitten.
Vor der Basilika geht es deutlich lauter zu
Nicht jeder, der in der langen, in mehreren Schleifen über den Petersplatz gewundenen Schlange ansteht, ist dem deutschen Papst so eng verbunden. Viele sind gerade im Urlaub in Rom und möchten an diesem außergewöhnlichen Ereignis teilhaben. Familie Michalak aus Dortmund etwa. Die Eltern waren mit ihren vier Kindern im Petersdom. Es sei spannend und berührend gewesen, auch wenn sie selbst keinen Bezug zur katholischen Kirche hätten, erzählen sie. Mit kleinen Kindern an einem aufgebahrten Leichnam? Ihnen sei es wichtig gewesen, ihren Töchtern und Söhnen zu zeigen, wie man würdevoll Abschied nimmt, sagen die Eltern. Außerdem habe der Papst ausgesehen wie eine Puppe, ergänzt die kleinste Tochter.
Während im Petersdom Tausende in Stille für den Verstorbenen beten, geht es vor der Basilika deutlich lauter zu. Denn der Vatikan muss auch die Begräbnisfeier am Donnerstag vorbereiten. Zu dieser erwartet die Stadt Rom mehr als 50.000 Menschen. Auch viele hochrangige Politiker, Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften sollen an der Trauerfeier teilnehmen.
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Im Minutentakt werden die schwarzen Plastikstühle aus dem Lager unterhalb der vatikanischen Audienzhalle auf den Petersplatz gefahren. Ein Traktor transportiert die großen Teile für den weißen Altarbereich vor dem Petersdom, Vatikanangestellte jäten das Gras in den Ritzen der Pflastersteine.
Auch unterhalb der Basilika wird gearbeitet. Mitarbeiter bereiten das Grab vor, in dem Benedikt XVI. beigesetzt werden soll. Der Bereich um die ehemalige Ruhestätte von Papst Johannes Paul II. wird gesäubert, die Grabplatte vorbereitet.
Auch der Alltag geht weiter
Außerhalb des Vatikans stehen bereits die Drängelgitter für die erwarteten Pilgerströme. In den Seitenstraßen der auf den Vatikan zulaufenden Via della Conciliazione wurden neonfarbene mobile Toiletten aufgebaut, die den Andrang in den umliegenden Cafés mindern sollen.
Zwischen Abschied und Vorbereitung geht aber auch der Alltag weiter: Touristenführer lavieren ihre Gruppen durch das Chaos aus Absperrungen, Arbeitern und Polizisten. "Fliegende Händler" bieten Tickets für einen schnelleren Zugang in die Vatikanischen Museen an. Und die Souvenirverkäufer harren mit ihren Medaillen, Papstbildchen und Plastiknachbildungen römischer Sehenswürdigkeiten am Straßenrand aus. Darunter die jetzt wieder oft zu sehende Fotomontage, die Johannes Paul II. und Benedikt XVI. vor himmelblauem Hintergrund nebeneinander zeigt.
Es seien mehr Menschen als sonst da, erzählt einer der Verkäufer. Gut für das Geschäft sei es aber leider nicht. Die meisten Besucher gingen direkt weiter zum Leichnam des ehemaligen Pontifex.