Woelki: Benedikt schuf Basis für Missbrauchsaufarbeitung
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki verteidigt den verstorbenen früheren Papst Benedikt XVI. gegen Kritik an dessen Umgang mit Missbrauch in der Kirche. "Ich glaube, dass er auch derjenige war, der mit Blick auf die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs die Zeichen der Zeit erkannt hat", sagte Woelki am Dienstag dem Fernsehsender "Welt". Er habe 2010 und 2011 in aller Klarheit und Entschiedenheit "diese schrecklichen Verbrechen und die Aufarbeitung" angegangen.
Zwar sei Benedikt nur ein Mensch gewesen und habe auch nicht alles richtig gemacht, so der Kölner Erzbischof. "Aber er ist derjenige gewesen, der gewissermaßen die Basis dafür geschaffen hat, dass eine umfassende Aufarbeitung und Aufklärung möglich war. Und zwar universalkirchlich wie auch in den einzelnen Diözesen. Und das ist sicherlich eines der großen Verdienste Papst Benedikts."
Woelki: Anschuldigungen würden oft in Unkenntnis der Hintergründe erhoben
Benedikt XVI. – mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger – war am Silvestermorgen im Alter von 95 Jahren im Vatikan gestorben. Rechtsgutachter werfen ihm unter anderem vor, dass er in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising zwischen 1977 und 1982 im Umgang mit vier Priestern unter Missbrauchsverdacht Fehler gemacht habe. Benedikt ließ diese Darstellung zurückweisen. Ein Entschuldigungsbrief konnte insbesondere Betroffene nicht überzeugen, vor allem, weil der emeritierte Papst kaum Worte für seine persönliche Verantwortung fand.
Vergangenes Jahr reichte ein mutmaßlicher Missbrauchsbetroffener Zivilklage gegen Ratzinger und weitere Personen ein. Er will klären lassen, ob der frühere Erzbischof durch sein Handeln oder Unterlassen in einem Missbrauchsfall zu Schadensersatz verpflichtet ist oder zumindest gewesen wäre. Nach dem Tod Benedikts soll das Verfahren vor dem Landgericht Traunstein nun gegen dessen Erben weitergeführt werden.
Zu konkreten Vorwürfen gegen den früheren Papst äußerte sich Woelki nicht. Anschuldigungen würden oft in Unkenntnis der tatsächlichen Hintergründe erhoben und seien dann nicht haltbar, sagte er. So sei es in seinem Fall gewesen. Der Kardinal ist unter anderem wegen der Missbrauchsaufarbeitung in seiner Diözese in eine Vertrauenskrise geraten. Auf Verlangen von Papst Franziskus reichte er ein Rücktrittsgesuch als Kölner Erzbischof ein; das Kirchenoberhaupt hat darüber jedoch noch nicht entschieden. (KNA)