Gehört Gott in die Verfassung?
Das wurde nochmals am Mittwoch in der ersten Lesung im Kieler Landtag deutlich. Ein interfraktioneller Ausschuss, der ein Jahr lang Fragen und Vorschläge der Verfassungsreform beraten hatte, konnte sich nicht auf den Gottesbezug einigen. Die 69 Abgeordneten der sechs Parteien werden darüber namentlich abstimmen - nach der Sommerpause und nachdem alle Punkte in den Fraktionen nochmals beraten worden sind.
Allgemeines Bekenntnis
"Es geht nicht um eine bestimmte Religion, sondern um ein Bekenntnis, das auch ein nicht-religiöser Mensch akzeptieren kann", sagte Parlamentspräsident Klaus Schlie in der Debatte. Der CDU-Abgeordnete hatte den Verfassungsausschuss geleitet und ist Befürworter des Gottesbezugs.
Unterstützung erhielt er unter anderem von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Eine Verfassung ohne einen solchen Bezug könne er sich nicht vorstellen. "Es muss einen Bezug geben zu etwas, das mehr ist als der Mensch", so der evangelische Christ. Entscheidend sei, dass sich die Mehrheit der Menschen im Land "auf etwas zurückführt, das mehr ist als sie selbst".
Und das sei in Schleswig-Holstein der Fall. Dabei sei es egal, ob es sich um Christen, Muslime, Juden oder Mitglieder einer anderen Religion handele. Wenn sich dagegen Menschen nur auf menschliche Kraft und Intellekt verließen, "wissen wir, wohin das führt", sagte er mit einem Verweis auf die deutsche Geschichte.
Keine Gretchenfrage
Diese von Albig gezogene historische Verbindung nannte Wolfgang Kubicki (FDP) "ungehörig". Er werde gegen den Gottesbezug stimmen, denn "Gott gehört nicht in die Verfassung, er gehört ins Leben eines jeden Menschen". Die Verfassung sei ein Verwaltungsinstrument, sie solle keine Werte setzen.
„Es muss einen Bezug geben zu etwas, das mehr ist als der Mensch.“
Ähnlich argumentierten die Grünen-Abgeordneten Eka von Kalben und Anke Erdmann, die sich zu ihrem christlichen Glauben bekannten, aber gegen einen Gottesbezug in der Verfassung aussprachen: "Dies ist nicht die Gretchenfrage - das Abstimmungsverhalten sagt nicht, wie man es persönlich mit der Religion hält", sagte Erdmann. Kai Dolgner (SPD) verwies auf das zweite Gebot. Es sei nicht nötig, Gottes Namen zu gebrauchen.
Appell an Toleranz
Andere Redner wie Johannes Callsen (CDU) betonten die grundlegenden Werte der Gesellschaft und dass die Mehrheit der rund 2,8 Millionen Schleswig-Holsteiner einer Kirche angehöre. Ralf Stegner (SPD) appellierte ähnlich wie Parlamentspräsident Schlie an die gegenseitige Toleranz: "Alle haben gute Gründe für ihre Meinung. Keine steht höher als andere."
Von Esther Geißlinger (KNA)