Die Karnevalshochburgen und ihre Bischöfe
Karneval und Kirche – trotz aller Skandale und gegenseitiger Kritik gehört das irgendwie zusammen. Folglich waren in den Karnevalshochburgen immer auch die jeweiligen Bischöfe auf die ein oder andere Weise Teil des jecken Treibens – entweder weil sie sich selbst unter das Feiervolk mischten oder zumindest als Ziel des Spöttelns aus der Bütt.
Wie kirchliche Würden und Karneval hier gut zusammengehen, verdeutlicht in diesem Jahr etwa Mainz. Dort sitzt mit Peter Kohlgraf ein gebürtiger Kölner auf dem Bischofsstuhl – quasi ein ideales Bindeglied zwischen den beiden konkurrierenden Karnevalshochburgen. Er wolle die Fastnacht in Mainz genießen, "ohne Köln dabei untreu zu werden", sagte der Mainzer Hirte 2017 zu seinem Dienstantritt der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Und die Mainzer vergelten es ihm gut: Der traditionsreiche Mainzer Carneval-Verein 1838 e.V. (MCV) hat Kohlgraf nun zum "Patron der Via Carnevale in Aurea Moguntia" also des diesjährigen Mainzer Straßenkarnevals berufen. Fotos zeigen den Bischof mit einem bunt gemusterten Schal in rot-weiß-blau-gelb und Narrenkappe. Als Patron solle er dem Verein im "Kampf gegen Mucker und Philister" – also griesgrämige Menschen und engstirnige Spießbürger – zur Seite stehen. "Das ist mit Sicherheit eine meiner schönsten Urkunden", betonte Kohlgraf.
"Karlchen" gehörte dazu
Er befindet sich damit in guter Tradition zu seinem Vorgänger, dem für seine Volksnähe in Mainz weiterhin beliebten Kardinal Karl Lehmann (1936-2018). "Karlchen", wie die Karnevalisten ihn liebevoll riefen, war fester Bestandteil, nicht nur der "Meenzer Fassenacht", sondern auch über die Stadtgrenzen hinaus. 2005 erhielt er etwa den "Orden wider den tierischen Ernst", die höchste Auszeichnung des Aachener Karnevalsvereins.
Während es in Mainz auf eine einträchtige Fastnacht hinausläuft, gestaltet sich die Situation rheinabwärts in Köln etwas anders. Der derzeitige Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki kennt die – oft gar nicht so grob gemeinten – Spitzen der Büttenredner gegen die Kirche und seine Person schon zur Genüge. Dennoch ist der im Kölner Stadtteil Mülheim geborene Geistliche als durchaus leidenschaftlicher Karnevalsfan bekannt. Dem Kölner Dreigestirn ermöglichte er 2019 einen Besuch bei Papst Franziskus in Rom. Im Folgejahr vertrat er den erkrankten Prinzen selbst auf der Bühne.

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf.
Doch gehen in dieser Session in Köln Karneval und Kardinal oftmals getrennte Wege. Zur Proklamation des Kölner Dreigestirns am 6. Januar kam Stadtdechant Robert Kleine als Vertreter der Erzdiözese; das wohl auch auf Wunsch der Veranstalter, die einer Teilnahme des wegen einer Vertrauenskrise in der Kritik stehenden Woelki nicht unbedingt aufgeschlossen gegenüberstanden. Schon im vergangenen Jahr vertrat Kleine den Erzbischof, der sich damals in der von Papst Franziskus verordneten Auszeit befand. Das Verhältnis zwischen Karnevalisten und Kardinal scheint zerrüttet.
Doch ist Woelki nicht der erste Erzbischof, der bei Funken und Festkomitee auf Schwierigkeiten stößt – wenn auch die Gründe dafür in der Vergangenheit durchaus abweichend waren. Woelkis Vorgänger Kardinal Joachim Meisner hatte trotz seiner schlesischen Herkunft lange Zeit einen recht guten Draht zu den Kölner Karnevalisten. Gemeinsam organisierten sie erstmalig 2007 den Gottesdienst für Karnevalisten im Kölner Dom, der inzwischen jecke Tradition ist. Durch die Veröffentlichung des Kölner Missbrauchsgutachtens, dass auch Meisner Fehlverhalten nachhält, hat die Reputation des ehemaligen Hirten jedoch gelitten. Die Waldbröler Karnevalsgesellschaft etwa erkannte Meisner deswegen sogar posthum noch einen Orden ab.
Am größten war die Entfremdung zwischen Karnevalisten und Erzbistum jedoch zweifellos unter den fünf Westfalen, die seit der Neugründung der Erzdiözese im Jahr 1821 auf dem Kölner Bischofsstuhl saßen. Unter Felix von Hartmann (1912-1919) und Karl Josef Schulte (1919-1941) empfahl die Kirchenleitung statt buntem Treiben die Teilnahme an Einkehrtagen. Schulte plädierte gar für eine Abschaffung des Karnevals. Feiern sei nur sinnvoll, wenn ihm ein strenges Fasten folge; die Ehe werde gefährdet, und der Karneval sei so kostspielig, dass ihn sich viele gar nicht leisten könnten.