Strominitiative von Umweltminister Altmeier in der Kritik

Strom sparen - aber wie?

Veröffentlicht am 10.10.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Energie

Bonn ‐ Der Strom wird immer teurer. Ein Grund: Erneuerbare Energien soll erschlossen werden und das geht nicht ohne Finanzierung. Vor allem die Ökostrom-Förderung, auch EEG-Umlage genannt, drückt dem Verbraucher schwer auf das Portemonnaie. Laut Berechnungen steigt die EEG-Umlage im kommenden Jahr für einen Vier-Personen-Haushalt voraussichtlich von durchschnittlich 125 Euro auf mehr als 180 Euro. Doch Bundesumweltminister Peter Altmeier hat eine Lösung: Damit die Strompreise nicht durch die Decke gehen, greift er zur Stromsparinitiative.

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Der Minister möchte eine kostenlose Energieberatung für alle ermöglichen. "Weil uns eben die Experten sagen, wir können hier über 30 Prozent Strom einsparen und das wäre dann eine Möglichkeit steigende Strompreise auszugleichen", sagte Altmeier. Bisher bietet dies nur der Deutsche Caritasverband in Kooperation mit dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands für sozial schwache Haushalte an. Finanziell unterstützt wird dieser Service von Altmeiers Bundesministerium. Bundesweit haben bisher mehr als 70.000 Haushalte von der Beratung der Caritas-Stromsparhelfer profitiert.

Initiative "Stromsparcheck" ausgezeichnet

In der Diözese Rottenburg-Stuttgart sind knapp 300 Berater unterwegs. Für das besondere Engagement des Projekts "Stromsparcheck" hat der Diözesan-Caritasverband sogar im Oktober den Anerkennungspreis des Franziskus-Preises 2012 verliehen bekommen. Im Durchschnitt konnten die einzelnen regionalen Haushalte von Arbeitslosengeld II- und Wohngeldempfängern dank der Beratung jährlich etwa 147 Euro Strom- und Wasserkosten einsparen. Die Stromsparhelfer analysieren bei ihrem ersten Besuch die einzelnen Stromgeräte und verteilen beim zweiten Besuch kostenlose technische Soforthilfen wie Energiesparlampen oder Steckerleisten mit Kippschalter. "Viele wissen überhaupt nicht, dass Geräte wie Fernseher oder Waschmaschinen im Standby-Betrieb dauerhaft Strom ziehen", erklärt Thomas Wilk vom Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Doch oft fehlt es sozialschwachen Haushalten an Geld für stromsparende Geräte. Da wird der Kühlschrank schnell zum Stromfresser. "Wir haben immer wieder mal Spendenaktionen, an denen Firmen aussortierte Kühlgeräte zum Beispiel der Effizienzklasse A+++ spenden. Die verteilen wir dann nach dem Zufallsprinzip an die bedürftigen Haushalte", erklärt Wilk. Neuwertige Geräte werden auch in Gebrauchtwarenläden der Caritas angeboten. Dort werden unter anderem Kühlschränke zu sehr günstigen Preisen verkauft, die auch von sozialschwachen Familien bezahlt werden können.

Kritik an Stromsparvorschlägen des Umweltministers

Das Projekt "Stromsparcheck" vereint sowohl Klimaschutz, finanzielle Ersparnis und Arbeit für Langzeitarbeitslose. Denn aufgrund der Kooperation mit Arbeitsagenturen werden Langzeitarbeitslose zum Stromsparhelfer weitergebildet – mit positivem Nebeneffekt: "Ihre Vermittlungschancen werden auf dem Arbeitsmarkt verbessert", sagt Wilk. Laut einer internen Studie der Diözese finden 25 Prozent wieder einen regulären Job.

Doch für Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin machen solche Initiativen nur wenig Sinn. "Was nützt es, wenn ein Arbeitslosengeld-II-Bezieher lernt, wie er Energiekosten senken kann, wenn im gleichen Atemzug die Energieverschwendung woanders steuerlich begünstigt wird", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er kritisiert, dass unter anderem Hähnchenmastbetriebe wie Wiesenhof oder Rechenzentren von der Zahlung der Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien steuerlich befreit seien. Altmeier hat am Dienstag Verbraucherschützer und Vertreter der Energiebranche zu einem runden Tisch eigenladen. Dort werden unterschiedliche Modelle wie eine Abwrackprämie für alte stromfressende Geräte, eine Senkung der Stromsteuer oder Sozialtarife für Arme diskutiert. (gam)

Standort des Projektes "Stromsparcheck" in Deutschland/Karte mit Kontakten