Reformprojekt sei Chance für die Weltkirche

Soziologe Joas warnt vor Misserfolg des Synodalen Wegs

Veröffentlicht am 09.03.2023 um 11:31 Uhr – Lesedauer: 

Oberursel ‐ "Wenn der Prozess krachend scheitert, die hoch Engagierten demotiviert werden, man in einer Polarisierung endet, die feindselige Züge annimmt, ist das schlimmer, als wenn das alles nicht stattgefunden hätte", sagt Hans Joas über den Synodalen Weg.

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Der Berliner Soziologe Hans Joas warnt vor einem Misserfolg des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Deutschland. "Wenn der Prozess krachend scheitert, die hoch Engagierten demotiviert werden, man in einer Polarisierung endet, die feindselige Züge annimmt, ist das schlimmer, als wenn das alles nicht stattgefunden hätte", sagte Joas in einem Online-Interview der in Oberursel erscheinenden Monatszeitschrift "Publik-Forum" (Donnerstag).

Er sei für den Synodalen Weg aber "mäßig optimistisch", sagte Joas. Die Selbstbindung von Bischöfen und Mitbestimmung von Gremien könne der Vatikan nicht verbieten. Er sehe die Chance, dass die weltkirchliche Debatte einen Impuls aus Deutschland bekomme. Der Versuch, die deutschen Katholiken als Abweichler innerhalb der Weltkirche zu diskreditieren, sei gescheitert, es gebe viel Sympathie für die Anliegen des Synodalen Wegs.

Selbst erfolgreiche Reformen dürften allerdings die aktuelle Austrittswelle nicht stoppen, sagte Joas. Das könnte nur die Rückbesinnung darauf, warum die Kirche einst entstanden sei. Das wesentliche Element des Christentums sei sein Universalismus, also der Gedanke, dass alle Menschen Teil der Kirche werden könnten, und dass Christinnen und Christen sich zum Wohl aller verhalten müssten, auch zum Wohl künftiger und früherer Generationen.

Joas: Verhalten der Kurie unerträglich

Der gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Sensibilität für Minderheiten und zu mehr Frauenrechten müsse eigentlich als "positiv im Sinne des universalen Ethos des Christentums" anerkannt werden, forderte Joas. Stattdessen glaubten viele tatsächlich daran, dass das lediglich ein Zeitgeistphänomen sei. "Irgendwann wird die große Schulderklärung gegenüber den Frauen kommen, davon bin ich überzeugt", sagte der Soziologe. Es sei unerträglich, dass die Kurie in Rom ablehne, was dem Geist ihrer eigenen Werte entspreche.

Der Synodale Weg startet am Donnerstag in die vorerst letzte Runde. Rund 230 Bischöfe und Laienvertreter entscheiden in Frankfurt bis Samstag über weitere Positionspapiere. Unter anderem geht es um Segnungen für homosexuelle Paare, eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern, eine Öffnung des Zölibats und mehr Mitbestimmung von Laien.

Zuletzt hatte der Vatikan die Möglichkeiten für Reformen weiter eingeschränkt. Ungewiss ist, ob es nun beim Synodalen Weg für weitergehende, liberale Beschlüsse auch die notwendige Zweidrittelmehrheit der anwesenden Bischöfe geben wird. – Unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals hatten die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) 2019 den Synodalen Weg ins Leben gerufen. In drei Jahren soll bei einer sechsten Synodalversammlung evaluiert werden, was die Initiative erreicht hat. (tmg/epd)