Bluttat bei Zeugen Jehovas – Erzbistum Hamburg erschüttert
Nach einem Angriff mit mehreren Toten auf ein Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg hat das Erzbistum Hamburg sein Entsetzen bekundet. "Die Nachrichten zu dieser Bluttat in Hamburg-Alsterdorf sind erschütternd und machen mich sprachlos", sagte der Hamburger Generalvikar Sascha-Philipp Geißler am Freitag. Sein Mitgefühl und seine Gebete gälten besonders den Getöteten und ihren Angehörigen, den Verletzten und den Einsatzkräften. "Ich denke an alle, die angesichts dieser Tat bestürzt sind, und an alle, die jetzt anderen helfen", so Geißler.
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße äußerte sich am Freitag in einer Videobotschaft: "Menschen sind umgekommen, sind getötet worden, viele sind verletzt worden, und betroffen sind Familien, sind Angehörige der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas und viele andere mehr." Seine Gedanken und Gefühle gingen jetzt zu all diesen Menschen, aber auch zu denen, die ihnen nun zur Seite stünden. Es sei eine schwierige Situation, in die "jetzt Stück für Stück mehr Licht gebracht werden muss, damit wir sie verstehen", so Heße.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, zeigte sich nach den tödlichen Schüssen erschüttert. "Mein Gebet gilt den Verstorbenen, den Verletzten und den Angehörigen", erklärte der Limburger Bischof am Freitag über den Twitter-Kanal der Bischofskonferenz. "Wir trauern um Menschen, die unschuldig ihr Leben verloren haben."
Acht Tote – darunter der mutmaßliche Täter
Bei Schüssen in dem Versammlungsraum der Zeugen Jehovas sind am Donnerstagabend nach aktuellen Angaben acht Menschen – darunter der mutmaßliche Täter – getötet und mehrere verletzt worden. Die Hamburger Behörden gaben am Freitagmittag erste Ermittlungsergebnisse bekannt. Demnach handelt es sich bei dem mutmaßlichen Schützen um ein ehemaliges Mitglied der Glaubensgemeinschaft. Der 35-Jährige sei am Donnerstagabend in die Gemeinderäume eingedrungen, wo rund 50 Gäste zu einer Veranstaltung versammelt gewesen seien. Dort habe er sieben Menschen und anschließend sich selbst erschossen. Acht weitere Menschen seien zum Teil schwer verletzt worden. Unter den Toten befinde sich auch ein ungeborenes Kind.
Der mutmaßliche Täter ist den Angaben zufolge bisher nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Er habe die Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas vor anderthalb Jahren "freiwillig, aber nicht im Guten" verlassen. Es gebe Hinweise auf eine psychische Erkrankung. Er habe die Tat mit einer Waffe begangen, die er legal als Sportschütze besessen habe. Einen terroristischen Hintergrund schließen die Behörden ersten Erkenntnissen nach aus.
Die "Zeugen Jehovas" verstehen sich als christlich orientierte Religionsgemeinschaft. Die 1881 vom ehemaligen Adventisten-Prediger Charles Taze Russell in den USA gegründete Gruppierung zählt nach eigenen Angaben weltweit über acht Millionen Mitglieder, in Deutschland um die 170.000. Die Lehre besteht aus einer eigenwilligen Interpretation biblischer Texte; im Mittelpunkt steht die schon mehrfach vorhergesagte "Schlacht von Harmagedon", bei der Gott das "gegenwärtige System der Dinge" und alle "Bösen" vernichten werde. Kritiker werfen der zentralistisch organisierten Wachtturmgesellschaft eine repressive Innenstruktur und totalitäres Verhalten vor. (tmg/KNA)
10.3., 12:35 Uhr: Meldung aktualisiert. 13:05 Uhr: Ergänzt um weitere Details. 14:50 Uhr: Ergänzt um Heße.